Gebete und Demo in Suhl Zeichen des Friedens

Nach einem heiteren Faschingskonzert ist niemandem zu Mute an diesem Samstag. Stattdessen beten die Suhler in der Hauptkirche für Frieden zwischen Russland und der Ukraine. Am Sonntag senden die Bürger sichtbare Zeichen gegen den Krieg.

Suhl - Vier Hände und vier Füße sollten am Samstag, beim Faschingskonzert in der Suhler Hauptkirche, die Orgel zum Klingen bringen. „Eigentlich wollten wir heute fröhlich und ausgelassen feiern nach so langer Zeit der Beschränkungen“, sagt Pfarrerin Silke Sauer. Doch nach Feiern ist an diesem Tag niemandem zu Mute. Stattdessen ist die Stimmung bedrückt, die rund 80 Zuhörer sind in sich gekehrt. Aus dem Faschingskonzert, dem angekündigten Helau der Orgel, wird kurzerhand eine Friedensandacht. Denn „allein den Betern kann es noch gelingen, das Schwer ob unsern Häuptern aufzuhalten“, zitiert Silke Sauer aus dem Sonett, das Reinhold Schneider 1936 geschrieben hat.

„Wir alle sind betroffen von den Ereignissen in der Ukraine“, sagt die Pfarrerin. In gemeinsamen Gebeten und Fürbitten, mit Liedern und Lesungen verleihen die Gläubigen ihrer Hoffnung auf ein baldiges Kriegsende Ausdruck. „Noch vor zwei Jahren haben wir gedacht, dass China und das Virus weit weg sind und plötzlich war es da“, zieht Reinhard Stobbe eine beängstigende Parallele zwischen Krieg und Pandemie.

Für einen Gänsehautmoment anderer Art sorgen die rund 150 Suhler, die am Sonntagnachmittag auf dem Marktplatz zusammengekommen sind. Während John Lennons Hit „Imagine“ aus der Box erklingt, stellen sie sich in Form eines Peace-Zeichens auf. Sie zeigen damit ihre Solidarität mit den Menschen in der vom Krieg betroffenen Ukraine und geben der Hoffnung auf ein baldiges Ende des Schreckens Raum.

Die Bewegung Fridays for Future (FFF) und das Suhler Bündnis für Demokratie haben zu dieser Antikriegsdemonstration eingeladen. Pfarrerin Anna Böck und Vincent Kühn von FFF sind überwältigt vom Zuspruch der Bürger, die mit Transparenten, Plakaten und klaren Botschaften in Suhls Mitte gekommen waren. Frieden in der Ukraine und in Europa sind Wünsche, die alle Teilnehmer an diesem Tag vereinen.

„Ich bin in Frieden aufgewachsen“, blickt der Landtagsabgeordnete der Linken, Philipp Weltzien, Jahrgang 1987, zurück. Bis vor wenigen Tagen habe er geglaubt, dass wirtschaftliche Zusammenarbeit für Stabilität in Europa sorge. Stattdessen würden Konflikte nun mit Waffengewalt gelöst. „Die Russen wollen keinen Krieg. Es ist Putin, der diesen Krieg will“, sagt er. Auch Ina Leukefeld, Stadträtin der Linken, betont, dass sich Suhl, die Stadt des Friedens, auch weiterhin solidarisch mit den russischen Freunden in Kaluga zeige. Beide sprechen sich aus gegen das Handeln der Bundesregierung, die Geld in Aufrüstung stecke und Waffen in die Krisenregion liefere. Philipp Weltzien fordert stattdessen von den Kriegsgegnern, die Waffen ruhen zu lassen und an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Auch lädt er die Ukrainer ein, in Deutschland Sicherheit zu suchen. „Ihr seid uns nicht egal. Wir haben Platz. Kommt her.“

Man könne die Ukraine nicht im Stich lassen, weil der diktatorische Nachbar militärisch überlegen sei, verteidigt Bernhard Stengele, der Landessprecher der Grünen, die Strategie des Bundes. Militärische Unterstützung sei von den Ukrainern erhofft und erbeten worden.

Dass auch Deutschland die Auswirkungen des Kriegs zu spüren bekomme, davon ist Vincent Kühn überzeugt. „Aber egal, was auf der Zapfsäule oder auf der Stromrechnung steht: Nichts ist so schlimm, wie das, was gerade den Menschen in der Ukraine passiert. Sie sind dabei, alles zu verlieren.“ Die Leidtragenden seien vor allem die jungen Menschen.

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