Gastronomie Gastro-Löhne hinken hinterher

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Die Pandemie hat der Branche den Rest gegeben. An allen Ecken und Enden fehlt Personal. Foto: dpa/Jens Büttner

Nach den Corona-Lockdowns beklagen Hotellerie und Gastronomie in Thüringen und ganz Deutschland, dass sich der Fachkräftemangel massiv verschärft hat. Die Gewerkschaft NGG macht für das Problem auch die Bezahlung verantwortlich.

 
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Erfurt/Suhl/Masserberg - In Thüringen verdient das Personal in Kneipen, Bars, Restaurants oder Hotels nach Gewerkschaftsangaben deutlich weniger als Beschäftigte in anderen Branchen. Vollzeitbeschäftigte im Gastgewerbe kommen demnach auf ein mittleres Monatseinkommen (Median) von 1763 Euro brutto, wie die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) am Montag mitteilte. Branchenübergreifend liegt das mittlere monatliche Bruttoeinkommen im Freistaat bei 2699 Euro. Die NGG berief sich auf eine Analyse der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit ausgewertet hat.

Damit hinkt Thüringen sowohl beim Median über alle Branchen als auch bei Gastro-Median dem Wert für Ostdeutschland hinterher. Diese liegen laut NGG bei 2890 und 1831 Euro im Monat. Selbst innerhalb Thüringens gibt es ein Gefälle. So liegt der Gastro-Wert in Erfurt bei 1819 Euro, im Kreis Schmalkalden-Meiningen bei 1738 Euro. Weitere Zahlen liegen der Gewerkschaft leider nicht vor. Diese seien während der Corona-Krise erhoben worden, sagte der NGG-Landesgeschäftsführer Jens Löbel auf Nachfrage. Zum Stichtag 31. März 2021 waren demnach rund 13 000 Menschen im Thüringer Gastgewerbe beschäftigt, außerdem rund 8200 geringfügig Beschäftigte.

Angesichts der Lohnlücke sei es nicht verwunderlich, dass sich viele Hotel- und Gastronomiebeschäftigte in der Krise einen neuen Job gesucht hätten, sagte Löbel. Viele von ihnen hätten monatelang mit dem Kurzarbeitergeld auskommen müssen, ein Teil sei noch immer darauf angewiesen.

Zwar seien die Wirte und Hoteliers ebenfalls stark von der Corona-Pandemie getroffen. Dennoch müsse nun alles dafür getan werden, Löhne und Arbeitsbedingungen attraktiver zu machen, verlangte der Gewerkschafter. Fachleute könnten mittelfristig nur mit besseren Löhnen und Arbeitsbedingungen gehalten werden.

An den Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) in Thüringen appelliert die NGG, die Branche über tarifliche Standards zeitgemäß aufzustellen. Die Gewerkschaft will mit den Arbeitgebern neu verhandeln und deswegen den derzeit gültigen Tarifvertrag zum Jahresende kündigen. Es müsse dringend etwas getan werden, um den Beschäftigten eine Perspektive nach der entbehrungsreichen Zeit zu bieten. Viele Probleme hätten dabei lange vor der Pandemie existiert. Die NGG werde in den nächsten Tarifverhandlungen eine armutsfeste untere Lohngrenze von 13 Euro für die Branche fordern.

„Ein wichtiger Punkt dabei ist eine Stärkung der Tarifbindung. Eine Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband sollte für Unternehmen nur dann möglich sein, wenn die Tarifverträge akzeptiert werden, die man gemeinsam ausgehandelt hat. Mitgliedschaften ohne Tarifbindung darf es nicht mehr geben“, forderte Löbel. Nach Beobachtung des Gewerkschafters hätten aktuell viele Betriebe eine Mitgliedschaft „ohne Tarifbindung“. Der Trend dazu müsse dringend gestoppt werden.

Kenner der Branche berichten, dass die aktuellen Probleme nicht neu seien. So berichtet Hans-Joachim Klaus, Direktor der Werrapark-Hotels in Masserberg, im Gespräch mit dieser Zeitung, dass die Personalnot in der Branche im Westen schon vor 35 Jahren eingesetzt habe. Mit der Wiedervereinigung hätten Unternehmen dann von einer Welle gut ausgebildeter Mitarbeiter aus der ehemaligen DDR profitiert, doch die Flut von damals sei schon lange versiegt, so Klaus.

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