Fußball-DFB-Pokal Träume im Jenaer Paradies

Tom Bachmann

Der FC Carl Zeiss hat eine ruhmreiche Vergangenheit. Allerdings kann sich auch die Gegenwart sehen lassen, nicht nur wegen des Pokalspiels gegen Leverkusen. Im Verein herrscht Aufbruchsstimmung.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Gute Laune: Die Fans des FC Carl Zeiss haben Foto: dpa/Bodo Schackow

Erst war Ex-Weltmeister Andrea Pirlo zur Stadioneröffnung da, am Mittwoch dribbeln die Stars von Meister und Pokalsieger Bayer Leverkusen im Ernst-Abbe-Sportfeld auf. Allein von den Namen her klingt das nach den so glorreichen alten Zeiten - und beim FC Carl Zeiss Jena schwelgt man bekanntlich gern in Erinnerungen.

Nach der Werbung weiterlesen

„Es ist ja immer so die Wahrnehmung, wenn man hier lebt, dass sich die Erde um diese Stadt, um diesen Verein dreht. Das ist definitiv nicht so. Das werden wir jetzt merken, wenn Bayer Leverkusen kommt“, sagte Trainer Henning Bürger vor dem Spiel in der ersten Runde des DFB-Pokals an diesem Mittwoch (18 Uhr/ZDF). „Unsere Spieler sehnen das herbei, gegen solche Spieler zu spielen. Das ist der Genuss an dem Abend. Freue mich da riesig drauf.“

Bei aller ruhmreicher Vergangenheit mit dem Europapokal-Finale 1983, drei DDR-Meisterschaften und vier FDGB-Pokalsiegen haben sie im Paradies – dem Park, in dem das Stadion liegt – mittlerweile großen Gefallen an der Gegenwart gefunden. Das neue Stadion wurde Ende Juli von Pirlo und Sampdoria Genua eröffnet, in der Regionalliga Nordost ist man mit fünf Siegen aus fünf Spielen überraschend Tabellenführer. Und zuvor zog ausgerechnet der dem Klub immer noch eng verbundene Nils Petersen das größtmögliche Pokallos.

„Wir spielen gegen den größten Verein der Vorsaison in Deutschland, vielleicht auch europaweit. Wir haben es mit einem richtig harten Gegner zu tun. Gegen so einen übermächtigen Gegner habe ich noch nie gespielt“, sagte Sören Reddemann. Der Verteidiger und seine Mitspieler wollen versuchen, so lange wie möglich ohne Gegentor zu bleiben: „Und dann schauen wir mal, für was es reicht.“

Bernd Schneider hat da recht klare Vorstellungen. Der Vize-Weltmeister von 2002 wird mit der ganzen Familie im Stadion sein, wenn seine beiden Herzensvereine aufeinandertreffen. „Ich wünsche mir ein 3:3 und dann die Entscheidung im Elfmeterschießen“, sagte der 50-Jährige der „Thüringer Allgemeine“. Für seinen Jugendverein wünscht er sich in erster Linie einen schönen Abend: „Der ganze Verein, die Spieler, die Fans sollen diese besondere Atmosphäre genießen.“

Und vielleicht führt Genuss zur Sensation. Pokal-Überraschungen haben in Jena jedenfalls keinen Seltenheitswert. Vor 21 Jahren war für Borussia Dortmund mit Matthias Sammer im Paradies Schluss, zweimal erreichte man das Viertelfinale und in der Saison 2007/08 drang man bis ins Halbfinale vor. Trainer damals wie heute: Henning Bürger.

Doch daran denkt der 54-Jährige nicht. „Hier steht die Freude im Vordergrund“, sagte Bürger. Es ist übrigens schon das dritte Mal, dass man auf Leverkusen im Pokal trifft. Die Bilanz spricht mit einem 2:0 (1992) und 4:0 (2012) klar für Bayer. Doch mit dem Selbstvertrauen aus der Liga rechnet sich Jena etwas aus. Dort gibt es eine Woche nach dem Bayer-Gastspiel das nächste Highlight: das Derby gegen Rot-Weiß Erfurt. Und für manchen Fan im Paradies ist das viel wichtiger als das Duell mit Leverkusen.