Anzeichen und Symptome einer Magersucht
Früherkennung ist wichtig. Plötzliche Umstellung auf strikt vegane oder vegetarische Kost, Vermeiden von Süßem oder ganzen Mahlzeiten sollten aufhorchen lassen - ebenso wie unzufriedene Äußerungen über das eigene Aussehen, dass man zu dick sei, trotz Gewichtsverlust.
"Es kommen Wesensänderungen hinzu. Die Betroffenen werden sehr traurig, ziehen sich zurück, wollen mit anderen nichts zu tun haben, essen nicht mehr mit der Familie." Bei Jungen ist die Störung der Aachener Expertin zufolge "unter-diagnostiziert".
Schwierig zu erkennen auch: Atypische Magersucht, an der aktuell ebenfalls viele junge Menschen erkranken: Sie nehmen zwar massiv ab, weil sie aber vorher stark an Gewicht zugelegt hatten - auch infolge von Bewegungsmangel in der Pandemie - fällt es nicht so auf. Sie rutschten nicht unter die kritische Schwelle, könnten aber trotzdem dieselben psychischen und körperlichen Probleme haben wie Erkrankte mit Anorexia nervosa, erläutert Herpertz-Dahlmann.
Probleme bereiten auch Übergewicht, Adipositas, Binge-Eating
Eine große Gruppe junger Menschen hat zudem unspezifische Essstörungen - die keine bestimmten Kriterien erfüllen, aber gesundheitsschädlich sind. Und bundesweit sind etwa 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen zu dick, zusätzlich 5 Prozent adipös, einige von ihnen wegen einer "Binge-Eating-Störung": Unkontrolliertes Heißhunger-Essen könne später zu Diabetes, Bluthochdruck oder Herzkrankheiten führen, weiß die Medizinerin aus Aachen.
Auch Angststörungen und Depressionen weit verbreitet
Aktuell sei davon auszugehen, dass fünf bis sieben Prozent der Kinder und Jugendlichen Angststörungen haben, ergänzt Wissenschaftlerin Freitag. "Das geht nicht so richtig zurück. Und die Zahlen liegen höher als vor der Pandemie." Bei den Jüngeren handele es sich auch um Trennungsangst oder übersteigerte Sorge, dass den Eltern etwas passieren könnte.
Soziale Phobien seien ebenfalls häufiger geworden. "Wenn jemand eher ängstlich veranlagt ist, wegen Schulschließung und fehlender Sozialkontakte aber nicht lernt, mit anderen Kindern zu interagieren, bleibt die korrigierende Übung und Erfahrung aus, die es zur Angstbewältigung braucht. Dann kann sich die Angststörung chronifizieren."
Depressionen sieht die Medizinerin in etwa wieder auf dem Niveau vor Corona. Dass phasenweise kaum Kontakte möglich waren, Sport und Bewegung fehlte, habe zu Lustlosigkeit, Antriebsschwäche, Traurigkeit, Schlafproblemen, Müdigkeit oder Unzufriedenheit geführt. Mit Öffnung der Schulen und Vereine seien die depressiven Symptome seit 2023 allmählich wieder auf dem Rückzug. Professorin Freitag rät zu viel sozialen Kontakten, Sport, wenig Medienkonsum.
Sorge vor einem Rückfall bleibt nicht aus
Anna hat inzwischen wieder ein normales Gewicht - die einst 48 Kilo bei 1,70 Metern Körpergröße sind unter großen Mühen nun Geschichte. Ihre Periode ist zurück. Das Essen bleibe aber ein schwieriges Thema, sagt ihre Mutter. "Sie isst, weil sie muss. Es wird nach Plan gegessen. Wöchentliches Wiegen ist angesagt." Neben einer Psychotherapie gibt es Kontrolltermine bei der Klinikärztin. "Es geht ihr gut. Aber die Angst vor einem Rückfall ist schon groß."