In seiner Rede sprach Michaelis von der begründeten Angst der Menschen ihre wirtschaftliche Existenz und die des ganzen Landes, Beruf, Lebensmut, Vertrauen in den Mitmenschen und gesellschaftlichen Zusammenhalt zu verlieren. „Und wer deshalb auf die Straße geht, der läuft Gefahr, ganz offiziell bescheppert und für unnormal erklärt zu werden.“
Als Pfarrer nahm er eine „Obrigkeit“ aufs Korn, „die zu Ostern 2020 die Gottesdienste verbietet und an demselben Tag in den ARD-Tagesthemen einem Mann eine Bühne bietet, der der ganzen Welt das neue Heil verkündet, das in einer Impfung aller liegen soll“. Michaelis hielt dem entgegen, mit dem besten aller Immunsysteme habe Gottes Schöpfung den Menschen ausgestattet. Mehrfach nahm der Seelsorger, mittlerweile in Quedlinburg tätig, zugleich Vorsitzender des Thüringer Pfarrvereins, Bezug auf die zehn Gebote, um eine Unvereinbarkeit der Corona-Ansteckungsschutzregeln mit dem christlichen Weltbild zu behaupten.
Das fünfte Gebot wäre demzufolge konterkariert, wenn Menschen geängstigt werden und ihnen nicht geholfen wird, weil es die Politik belohne Krankenhausbetten abzubauen. Überteuerte Masken seien angeschafft worden von Abgeordneten, die sich hieran „dumm und dämlich verdienen“, Steuern würden verschleudert, das Gemeinwesen ausgeplündert.
An Polemik gegen die Mittel zur Eindämmung der Pandemie ließ Michaelis wenig offen: „Fahrt mal an die Tankstelle! Falsche Ware oder Handel: Staubschutzmasken gegen Viren, Milliarden Impfdosen, deren Nutzen euch andere besser erklären können als ich. Betten aufbauen für die Panik, Betten abbauen für neue Panik. Und dann Schuldige suchen.“
Auch das Gebot, nicht falsch Zeugnis zu reden wider dem Nächsten, rief Michaelis an. „Dazu brauche ich euch gar nichts zu erzählen über Politiker, Medien und Gerichte oder über Ungeimpfte“, äußerte er in Richtung des Publikums, das die Schelte mit lautem Beifall quittierte.
An den Schluss seiner Betrachtungen – „frischen wir noch etwas unseren Mut auf“ – rückte er den Bekennermut Martin Luthers. Christen würden zwar der Obrigkeit und den Gesetzen Gehorsam schulden: „Wenn aber der Obrigkeit Gebot ohne Sünde nicht befolgt werden kann, soll man Gott mehr gehorchen als den Menschen.“ Zum Zirkelschlag zu Gesetzen, denen man nicht ohne Sünde Folge leisten kann und darf, war es dann nicht mehr weit.
Ohne erkennbare Zwischenfälle endete die Demonstration nach etwas mehr als einer Stunde so, wie sie begonnen hatte: Als friedlicher Spaziergang vieler Corona-Verdrossenen – im Lichterschein von Laternen und vereinzeltem Blaulicht-Geflacker der Polizeiautos.
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