Freies Wort HilftTherapie in Mexiko ist die einzige Chance
Jessie Morgenroth 28.06.2024 - 17:00 Uhr
Die Unterpörlitzerin Katrina Gräfe leidet an Multiple Sklerose. Die Ärzte prophezeien ihr eine Zukunft im Rollstuhl. Um das zu verhindern, sammelt die 56-Jährige Geld für eine Stammzelltherapie in Mexiko. So können Sie helfen:
Link kopiert
Diesen Artikel teilen
Puebla. Eine Millionenstadt in Mexiko. Auch die Unterpörlitzerin Katrina Gräfe will dorthin, unbedingt. Allerdings nicht, um Urlaub zu machen. Puebla ist ihre vielleicht einzige Möglichkeit, sich ihrer Krankheit entgegenzustellen. Katrina Gräfe leidet an Multipler Sklerose (MS).
Doch als würde dieser Schicksalsschlag nicht reichen, hat es Katrina Gräfe gleich mit der seltensten MS-Form erwischt: PPMS, das steht für Primary Progressive Multiple Sclerosis, auf Deutsch auch Primär Progrediente MS genannt. An PPMS leiden etwa zehn Prozent aller MS-Patienten. Im Gegensatz zu anderen Formen verläuft sie nicht schubförmig, sondern allmählich fortschreitend. So wie bei Katrina Gräfe.
Vor zehn Jahren führte die aus Heyda stammende Unterpörlitzerin, die als Kind in Martinroda zur Schule gegangen war, noch ein normales Leben. Sie arbeitete im Krankenhaus, ernährte sich gesund. War in ihrer Freizeit aktiv, gerne in der Natur zum Joggen und Radfahren unterwegs, spontan. Das ist heute undenkbar. Die ersten Symptome, so erinnert sie sich zurück, kamen schleichend. Stolpern, am Türrahmen stoßen, Sehstörungen – für alles suchte Katrina Gräfe zunächst harmlose Erklärungen. Beim Gehen nicht aufgepasst, zu wenig getrunken. „Ich habe im medizinischen Bereich gearbeitet, auch mit MSlern zusammen. Irgendwann hat es dann Klick gemacht“, sagt Katrina Gräfe. Am 7. März 2018 hatte sie zum letzten Mal im Ilmenauer Krankenhaus gearbeitet, einen Tag später kam sie selbst ins Krankenhaus. Am 12. März erhielt sie die niederschmetternde Diagnose.
Leben hat sich komplett verändert
Seitdem haben sich Katrina Gräfes Leben und Gesundheitszustand drastisch verschlechtert. Ursprünglich hatte sie eine schubförmige MS, vor etwa zwei Jahren ist dies zur PPMS gewechselt. Nun leidet die Unterpörlitzerin täglich an chronischen Schmerzen, das Laufen fällt ihr schwer. „Die Wege sind so kurz geworden in den letzten zwei Jahren“, sagt sie. „Ich weiß nicht mal, ob ich es von hier noch vor zur Bushaltestelle schaffen würde“, fügt die Unterpörlitzerin an. Dazu kommen Gedächtnisprobleme, Wortfindungsstörungen, Spastiken, immer müde. Und das Schlimmste: Probleme mit der Blase. Jeder Gang nach draußen muss genau geplant werden: Wo gibt es Bänke zum Ausruhen, wo sind Toiletten? Trotz Infusionen, Physio- und Ergotherapie wird sich Katrina Gräfes Zustand weiter verschlechtern. Die Ärzte prognostizieren ihr eine Zukunft im Rollstuhl. Niemand, der nicht selbst erkrankt ist, könnte die Krankheit verstehen, sich die Schmerzen vorstellen. „Die Leute denken, bei MS geht es einem während eines Schubs schlecht, aber die MS schläft nicht. Es ist eine heimtückische, unberechenbare Krankheit. Die Ursache ist unbekannt“, erklärt die Erkrankte, die EU-Rente bezieht. Sie ist Mutter zweier Kinder und kümmert sich alleine um ihre minderjährige Tochter. Der ältere Sohn hat hingegen schon eine eigene Familie, bald kommt das zweite Enkelkind. Gerne würde Katrina Gräfe ganz normal für ihre Enkelchen da sein, mit ihnen toben, Fangen spielen. Doch schon diese einfachsten Aktivitäten gehen wegen der MS nicht.
Multiple Sklerose ist nicht heilbar. Zwar gibt es Medikamente – diese haben bei Katrina Gräfe aber nicht so angeschlagen wie geplant. Ihre letzte große Hoffnung ist deshalb eine Stammzelltransplantation. Seit Jahren recherchiert und informiert sie sich zu dieser Therapieform, tauscht sich mit anderen MS-Erkrankten aus, steht mit erfolgreich Behandelten in Kontakt. Doch in Deutschland wird eine Stammzelltherapie bei MS nur in sehr wenigen Fällen angewandt – Katrina Gräfe fiel durch das Raster. Die offizielle Begründung der Absage in der Bundesrepublik: Sie sei zu alt. „Fürs Leben ist man nicht zu alt. Ich will noch 20, 30, 40 Jahre leben!“, sagt sie. Doch als die Absage kam, war sie zunächst am Boden zerstört. Die einzige Möglichkeit für die dringend benötigte Therapie: Katrina Gräfe muss ins Ausland. Vor zwei Jahren wollte sie es schon mal in Moskau probieren – dann kam der Krieg, Unruhen. Das Vorhaben scheiterte.
Katrina Gräfes große Hoffnung ist deshalb eine Privatklinik in Mexico. Diese behandelt Patienten von überall her. „Ich würde auch um die ganze Welt fliegen, das ist mir egal“, sagt die Unterpörlitzerin. Sie ist fest entschlossen, die Therapie zu machen. Die Kosten für die Behandlung – gut 58 000 Euro – muss sie selbst bezahlen. Von der Krankenkasse gibt es keinerlei Unterstützung. Dabei koste ein MS-Patient die Krankenkasse pro Jahr 20 000 Euro. Entsprechend kann es die Unterpörlitzerin nicht verstehen, dass dieser größere Einmalbetrag nicht unterstützt würde. Bestenfalls brauche sie nach der Therapie keine Medikamente mehr – und könne so viel an Lebensqualität zurückgewinnen.
Krankheit muss gestoppt werden
Das Ziel der Behandlung sei es, die Krankheit zu stoppen. Kaputte Nerven könnten zwar nicht regenerieren, doch durch aktive Übungen neue Verknüpfungen geschaffen werden. Katrina Gräfe will keinesfalls im Rollstuhl landen. Um die vierwöchige Therapiereise nach Mexiko finanzieren zu können, hat sie einen Spendenaufruf gestartet. Unter dem Motto „Gemeinsam sind wir stark – jeder Euro zählt“ sammelt sie Geld. Und wenn nicht genug zusammenkommt, will sie alles zusammenkratzen, das Auto verkaufen. Für sie steht fest: Sie fliegt nach Mexiko. Ihr ursprünglich geplantes Abreisedatum Ende Juli wird sie aber etwas nach hinten verschieben müssen – das werde sonst zu sportlich. Katrina Gräfe sucht für ihr Vorhaben übrigens noch eine Begleiterin, die Kosten würden übernommen.
Und was will die Unterpörlitzerin nach einer gelungenen Therapie machen? „Morgens ohne Schmerzen aufstehen, den Rucksack packen und einfach loslaufen.“ In die Stadt oder an den Stausee, wo sie früher so viel unterwegs war. „Ich wollte auch immer mal auf den Jakobsweg – das geht auch mit dem Rad“, sagt sie lachend. Doch zunächst zählen die kleinen Dinge, jeder einzelne Fortschritt.
Wer Katrina Gräfes Vorhaben unterstützen will, kann über den Hilfsverein dieser Zeitung spenden. Bitte geben Sie bei der Überweisung das Stichwort „Katrina Gräfe“ an.