Freies Wort hilft Leser spenden für syrische Schwestern Dalal und Nawil

Dalal (links) und Nawal haben sich letztendlich für ein eigenes Tablet entschieden. Dank der Spenden von Leserinnen und Lesern. Foto:  

Dalal und Nawal können ihr Glück kaum fassen. Freies Wort hilft ihnen bei der Behandlung einer angeborenen Fehlbildung des Brustkorbes. Und erfüllt den Schwestern einen großen Traum.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Schmalkalden - Pünktlich 14 Uhr stehen Nawal und Dalal vor dem Eingang zum Medimax. Den ganzen Tag schon regnet es in Strömen. Den Schwestern scheint das unglaublich miese Wetter – im Gegensatz zu mir – nichts auszumachen. Safa versucht, ihre Töchter zu beruhigen. In ihrer Muttersprache. Seit meinem Anruf seien die Mädchen ganz aus dem Häuschen, entschuldigt sich die Mutter in gutem Deutsch.

Noch immer scheint sie nicht glauben zu wollen, was ich ihr bei mehreren Anrufen immer wieder bestätigt habe: Freies Wort hilft e. V., der Hilfsverein der drei Tageszeitungen Freies Wort, Südthüringer Zeitung und Meininger Tageblatt, bezahlt nicht nur die zwei Therapiegeräte, welche die an einer Trichterbrust leidenden Teenager dringend benötigen. Leserinnen und Leser haben zusätzlich 950 Euro gespendet, ohne darum gebeten oder dazu aufgefordert worden sein. Das Schicksal der syrischen Familie, über das wir Anfang April berichtet hatten, hat offenbar sehr berührt. Vor vier Jahren mussten die Alokalas aus ihre kriegsgebeutelten Heimat fliehen. Zurück in Hamas blieben die Großeltern, Verwandte, Freunde. Vater Ramez, der in Hamas, als Vertriebsmanger für Elektroartikel arbeitete, ist schwer krank. Er muss dreimal in der Woche an die Dialyse und hofft auf eine Nierenspende. Mutter Safa, Grundschullehrerin für Geografie und Arabisch büffelt fleißig deutsch, für das BAMF-Zertifikat.

Die Schwestern tauschen vielsagende Blicke. „Gehen wir rein“, sage ich, die Spendensumme in Höhe von 950 Euro in der Tasche. Nadal und Nawal steuern zielgerichtet auf die Abteilung mit den Mobilgeräten zu. Aus unseren Gesprächen wusste ich, dass sich die Zehn- und Elfjährige beim Lernen einen Laptop teilen. Den nutzt hin und wieder auch Vater Ramez, der wegen der Dialyse keine Präsenzkurse besuchen kann. Dalal und Nawal haben ganz konkrete Vorstellungen von ihrer Zukunft. Während die große Schwester in Deutschland ein Medizinstudium anstrebt und hier auch bleiben will, plant die jüngere, als Architektin in die Heimat zurückzukehren. Deshalb büffeln beide unermüdlich, nutzen jede freie Minute, um ihre Sprachkenntnisse zu verbessern. Das schwierige Schuljahr unter Pandemiebedingungen, mit Homeschooling und Wechselunterricht, haben die Mädchen mit Bravour abgeschlossen.

Ein Tablet für sich allein. Das ist der große Traum der Teenager. Und den können sie sich jetzt, Dank der Spenden von Leserinnen und Lesern dieser Zeitung, erfüllen. Die Auswahl an Geräten ist groß. Sich für ein Modell und Betriebssystem zu entscheiden, ist nicht leicht. Es gibt Android-Tablets, Tablets mit iOS oder Windows. Die Schwestern haben konkrete Vorstellungen. Ich beobachte, wie sie leise auf ihrer Mutter einreden. Dalal klärt mich auf: Sie überlegen, nur ein Gerät zu kaufen, ein iPad von Apple. Doch der Preis übersteigt das Budget. Nun versuchten die beiden Mädchen ihre Mama zu überzeugen, die Differenz zu übernehmen. Safa schüttelt den Kopf. Ich erinnere mich an Diskussionen mit meinen Jungs. Es ist schwer von Vorstellungen loszulassen, die man sich einmal in den Kopf gesetzt hat. Wir verabreden letztendlich einen zweiten Termin. „Schlaft noch mal drüber“, lege ich den Mädchen ans Herz.

Zum zweiten Treffen kommt Vater Ramez mit. Der Familienrat hatte offenbar getagt. Die Teenager entscheiden sich für zwei Tablets. Nun ist auch die Farbe egal. Die Hauptsache, sie können ihr Geschenk mit nach Hause nehmen. „Vielen Dank“, sagen die Mädchen und verabschieden sich von mir. Ramez Alokala drückt mir fest die Hand. „Sie haben so viel für unsere Familie getan.“

Damit meint er auch die zwei Saugglocken im Wert von 999,60 Euro, die Freies Wort hilft finanziert hat. Deren regelmäßige Anwendung soll dazu beitragen, dass sich die Trichterbrust, an denen Dalal und Nawal seit ihrer Geburt leiden, zurückbildet. Die Krankenkasse bezahlt diese Therapie nicht, weil sie deren Wirksamkeit anzweifelt. Obwohl Belege vorliegen. Für ein bis drei Stunden täglich und das zwischen zwei bis drei Jahre müssen die Mädchen die Saugglocke anlegen. Die Zehnjährige spürt bereits erste Verbesserungen. Das Atmen falle ihr leichter, erzählt sie. Und sie habe nicht mehr so oft Rückenschmerzen. Dalal hingegen muss sich jeden Tag aufs neue durchringen, die aus orthopädischem Silikon bestehende Saugglocke aufzusetzen. „Das tut schon weh.“ Mama Safa ist stolz auf ihre tapferen Mädchen.

Autor

Bilder