„Ich weiß mittlerweile, was das Wort unfassbar bedeutet“, sagt Stefan Blümig, der mittlerweile allein im Häuschen in Eisfeld wohnt, das die Patchwork-Familie vor etwa fünf Jahren gekauft und seitdem Stück für Stück renoviert hat. Tägliche Telefonate, regelmäßige Besuche in Hattingen und Homeoffice prägen seinen Alltag. Und Grübeln. Immer wieder fährt er an der Unfallstelle vorbei, versucht sich vorzustellen, wie alles passiert ist. Und immer wieder tun sich neue Fragen auf. „Mir ist eines aber ganz wichtig: Niemand macht ihrem Freund einen Vorwurf. So eine Scheiße passiert eben.“ Dennoch würde er sich Aufklärung wünschen. Doch von der Polizei hat er bisher nichts gehört. Und auch die Versicherungen tun sich schwer, die Schuldfrage zu definieren. Die Kosten aber, die sind da – und es werden täglich mehr.
Vor der Familie türmt sich ein riesengroßer, schier unüberschaubarer Berg auf. Ein spezieller Rollstuhl muss angeschafft werden – um Fiona, wenn sie dann nach Hause kommt, fahren zu können. Ein Auto, möglichst ein Kleinbus, ausgestattet mit allem, was Rollstuhlfahrer brauchen, muss gekauft werden. Und auch Zuhause stehen Veränderungen an. Die Familie denkt über einen Umzug in die Nähe von Anne Blümigs Heimatstadt Wuppertal nach. Dort sind ihre Eltern zu Hause, in Bonn studiert ihr großer Sohn Luca (25 Jahre) Politikwissenschaft – und auch Stefan Blümigs 13-jähriger Sohn Leonard wohnt nicht weit weg. Doch überstürzen wollen sie nichts. Denn auch ihr Haus muss erst einmal verkauft werden. „Es ist also durchaus möglich, dass Fiona erst einmal nach Eisfeld kommt. Und dann muss das Erdgeschoss hier umgebaut werden.“ Doch auch hier hat Stefan Blümig schon Lösungen parat. Er, der aus dem Verlagswesen kommt, im Landschaftsbau tätig war und nun den Vertrieb für ein Start-up, das Outdoor-Geräte für Kinderspielplätze produziert, in Deutschland, Österreich und der Schweiz aufbaut, ist ein Praktiker. „Das Bad müsste reaktiviert und behindertengerecht eingerichtet werden. Die Absätze zwischen Küche, Flur und Wohnzimmer müssten verschwinden – und das Wohnzimmer soll dann Fionas Reich werden.“ Doch Umbauten sind nötig.
Stefan Blümig stürzt sich in die Arbeit, denn er weiß, er muss überzeugen. Er wird auf kurz oder lang der einzige Verdiener der Familie sein. Seine Frau, die in der Lohnbuchhaltung und Personalabteilung der Firma Kapp in Coburg gearbeitet hat und bisher freigestellt ist, wird perspektivisch zu hundert Prozent für Fiona da sein.
Für die Familie ist die Situation eine Zerreißprobe. „Eine solche Situation hat das Potenzial, Familien auseinanderzutreiben. Doch ich entdecke Seiten an meiner Frau, die meine Liebe zu ihr nur noch größer werden lassen.“ Einmal im Monat besucht er Fiona und Anne in der Klinik. Vor Kurzem waren auch Murphy und Urmel dabei – und haben sofort Fionas Nähe gesucht. Kurz nach Weihnachten sei seine Frau für drei Tage bei ihm gewesen – in Eisfeld. Wann sie das nächste Mal kommt? „Vielleicht zu Ostern.“
Die Hirnschwellung bei Fiona ist abgeklungen, aber der Regenerationsprozess wird noch sehr lange andauern. Doch klar ist heute schon: Wenn sie wieder aufwacht, wird sie nicht dieselbe sein. Ihr Leben wird nicht das von ihr erträumte, sondern ein komplett anderes werden. Sie wird immer auf Hilfe angewiesen sein. „Bei Fiona werden jetzt die Schmerzpflaster abgesetzt. Was dann wird, muss die Zeit zeigen.“ Manchmal reagiert sie auf Aufforderungen, zieht ihr Knie im Bett hoch, spannt die Muskeln an. Nur sie selbst kann momentan entscheiden, ob und wie sie mitarbeitet. Große Hoffnung setzt die Familie auf die anstehende OP, bei der der Schädel wiederhergestellt wird. „Vielleicht merkt der Körper dann, dass er wieder komplett ist und kann anfangen, noch mehr Gas zu geben.“
Gas gegeben haben auch Bekannte und Freunde der Familie. Stefan Blümig hat viel Zuspruch erfahren. Dafür sind sie alle unglaublich dankbar. Und auch der Verein Freies Wort hilft wird in dieser unfassbar schweren Zeit versuchen zu helfen. Über 3000 Euro Soforthilfe kann die Familie verfügen. Und eine Spendenaktion ist angekurbelt – um ein klein wenig zu helfen bei den Ausgaben, die auf die Blümigs zukommen.
Freies Wort hilft
Spenden
Wenn Sie, liebe Leser, die Familie unterstützen wollen, können Sie auf das Konto des Hilfswerks der Heimatzeitungen „Freies Wort hilft – Miteinander-Füreinander“ spenden. Das Geld wird 1:1 auf das Konto der Familie überwiesen. Stichwort: „Fiona“Konto: Rhön-Rennsteig-Sparkasse DE39 8405 0000 1705 0170 17.