Sportliche Realität ernüchternd
An seinem Arbeitsplatz hat er im zweiten Jahr bei Aston Martin derzeit eher wenig Spaß. Nach sechs enttäuschenden Saisons bei Ferrari wollte der Altmeister an seine glorreichen Zeiten bei Red Bull anknüpfen, als er von 2010 bis 2013 viermal nacheinander das Maß der Dinge war. Die Realität ist eine andere.
Mit dem neuen Reglement kommen die Engländer nicht klar, sind von einem guten Mittelfeldteam zum Hinterbänkler geworden. Punkte zu holen, ist im störrischen Auto schwer. Vettel schaffte das im Regen von Imola in dieser Saison erst einmal. Der achte Platz war seinem fahrerischen Können zu verdanken. Es war nach einer Corona-Infektion und zwei deswegen verpassten WM-Läufen der einzige kleine Lichtblick in trüben Monaten.
Ob bald alles besser wird? Zum sechsten Saisonlauf nach Barcelona bringen viele Rennställe technische Verbesserungen mit, so auch Aston Martin. Fraglich ist, ob Vettel davon profitiert. Aus dem Fahrerlager war zu hören, dass aufgrund von Lieferengpässen nur neue Teile für eines der beiden Autos vorhanden sein könnten. Diese dürfte eher der Kanadier Lance Stroll, Sohn von Teambesitzer Lawrence Stroll, im zweiten grünen Renner bekommen. Vettel wäre einmal mehr im Nachteil.
Vettel schließt Experten-Tätigkeit aus
Wie es generell mit ihm weitergeht, ist offen. Vettels Vertrag endet nach der Saison. "Es wird davon abhängen, wie dieses Jahr läuft. Dann sehen wir weiter", sagte er. Natürlich sei er nicht zufrieden damit, wo er und sein Rennstall stünden. "Wir wären dumm, wenn wir nicht versuchen würden, ihn zu halten", sagte Teamchef Mike Krack: "Wir müssen ihm aber die Werkzeuge geben, damit er Leistung zeigen kann."
Noch sei es zu früh, das Jahr abzuschreiben, sagte Vettel, der weiter um gute Resultate kämpft. Wenn er zurückblicke, denke er schon jetzt aber an "wunderbare 15 Jahre" in der Formel 1. Er habe das geschafft, wovon alle träumten: Rennen gewonnen, Titel geholt. Aber: "Die Reise wird eines Tages enden." Und wenn das so ist, wird man ihn kaum noch im Fahrerlager sehen. Den Weg vieler Ex-Piloten zum TV-Experten wird er ganz sicher nicht gehen: "Ich werde nie auf der anderen Seite sitzen und den Fahrern Fragen stellen. Das ist nicht meine Stärke."