Die Villa - ein innerer Raum, ein äußerer? Ein realer oder irrealer Ort? Kleine Bühnenbildmodelle und große Skizzen zum gleichnamigen Stück des Sonneberger Schriftstellers und Dramatikers Tankred Dorst empfangen den Besucher im Foyer des Coburger Landestheaters. Unter dem Titel "Bilder-Welten" zeigen Studierende der Innenarchitektur an der Hochschule Coburg unter der Leitung von Professor Michael Heinrich ihre Entwürfe zu dem 1980 uraufgeführten Stück in einer Ausstellung.

Z ur Vernissage mit dem Künstler und seiner Frau Ursula Ehler-Dorst am Sonntagnachmittag wird philosophiert und interpretiert. Mit dabei sind Kulturjournalist und Moderator Peter von Becker, und der Leiter der "Bayerischen Theaterakademie August Everding", Hans-Jürgen Drescher, der gleichzeitig jahrelanger Verleger von Tankred Dorst war.

Michael Heinrich erklärt die Verbindung zwischen Innenarchitektur und Bühnenbild damit, dass Inhalte in den Räumen abgeholt werden müssen, mit denen sie verbunden sind. "Ein Raum muss mit allen Sinnen wahrnehmbar sein, neben dem sichtbaren gibt es noch andere Räume, wie den sozialen. Und all dies muss ein gestalteter Raum abbilden."

Auch für Dorst steht der realistische Raum nicht im Vordergrund, "realistisch bin ja ich. Das Bühnenbild spiegelt eine innere Vorstellung." Für ihn gehört zu einer äußeren Welt auch immer eine innere. Wie in dem Drama "Die Villa", das von einer kaputten Ehe, Tagträumen, um Bleiben oder Gehen und Zusammen- und Aufbruch in der damaligen Ostzone handelt. Einen Inhalt, den Studentin Katharina Jahn auch heute noch aktuell findet: "Das Gehen oder Bleiben kann man mit der heutigen Situation der Flüchtlinge vergleichen. 'Die Villa' könnte in jeder Zeit spielen."

Auch für Hans-Jürgen Drescher, der Tankred Dorst zwanzig Jahre als Verleger beim Suhrkamp Verlag betreute, ist die "Villa" nicht nur der reale Ort. "Es ist auch ein Ort des Weggehens, des Grenzen-Überschreitens, in dem die Figuren ausschlaggebend sind." Figuren, die, wie Dorst betont, eigensinnig sind. Er selbst möchte sich nicht in die Handlung einbringen, "ich bin ja schon drin."

Ganz im Hintergrund hält sich auch Ehefrau und enge Mitarbeiterin Ursula Ehler-Dorst. "Ich wollte nie schreiben, ich habe Kunst studiert. Ich bin eher so etwas wie ein Testkaninchen. Ich schlage etwas vor und bin anscheinend doch ganz anregend, aber ohne Ehrgeiz. Ich wollte nie Schriftstellerin werden."

Bereits am Sonntagvormittag hat Ehler-Dorst gemeinsam mit ihrem Mann die Vorführung des 1983 erschienenen Schwarz-Weiß-Films "Eisenhans" im Coburger Kino Utopolis besucht. Tankred Dorst stand im Anschluss für Fragen aus dem Publikum zur Verfügung.

Der dritte in Eigenregie gedrehte Streifen bildete den Auftakt der Festwoche, mit der das Coburger Landestheater in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule und dem Utopolis den 90-jährigen Künstler würdigt. "Ich habe in dem Film versucht, Stimmung zu erzeugen. Es hat mich damals stark bewegt, Leute an der Zonengrenze auf und ab gehen zu sehen. Diese Atmosphäre wollte ich festhalten, und ich denke, es ist mir gelungen" - so beschreibt Dorst sein Ziel beim Dreh von "Eisenhans".

"Eisenhans" handelt von der unendlichen Liebe eines einfachen, grobschlächtigen Vaters zu seiner behinderten Tochter, die vielleicht, aber wirklich nur vielleicht, in sexueller Annäherung endet. "Es sollte offen bleiben, ob es um mehr als väterliche Liebe in dem Film geht", betont Ursula Ehler-Dorst.

Tankred-Dorst-Festwoche in Coburg

Dienstag, 26 Januar:

11 Uhr, Reithalle: "Ameley, der Biber und der König auf dem Dach". Eine Geschichte von Tankred Dorst für Kinder ab 5 Jahren.

20.15 Uhr, Kino Utopolis: "Mosch", Film von Tankred Dorst, anschließend Filmgespräch mit Tankred Dorst und Ursula Ehler-Dorst, moderiert von Peter von Becker.

Mittwoch, 27. Januar:

20.15 Uhr, Kino Utopolis: "Klaras Mutter". Film von Tankred Dorst, anschließend Filmgespräch mit Tankred Dorst und Ursula Ehler-Dorst.

Freitag, 29. Januar:

19 Uhr, Reithalle: "Lesemarathon", Ensemblemitglieder des Landestheaters lesen aus Werken von Tankred Dorst.