Im Durchschnitt zahlt ein Pächter für die Konzession etwa 8.200 Euro pro Jahr. Die Einnahmen liegen um ein Vielfaches höher. Das Centrum für Europäische Politik (CEP) ermittelte zuletzt einen Jahresumsatz von durchschnittlich 260.000 Euro pro Bad. Andere Schätzungen reichen weit darüber hinaus - zumal vermutlich einiges von dem Strandgeld an der Steuer vorbeigeschleust wird. Die Zeitung "Corriere della Sera" schätzt den Jahresumsatz der gesamten Branche auf bis zu 30 Milliarden Euro.
Die meisten Italiener haben sich damit abgefunden, dass man für die Zeit am Meer gehörig bezahlen muss. "Ich kenne das gar nicht anders", sagt Giulia Toninelli, eine Beamtin aus Rom, auf ihrer Liege im "Tibidabo". "Hier war ich mit meinen Eltern, jetzt mit meinen Kindern. Das hat halt seinen Preis." Allerdings gibt es auch manche, die mit dem althergebrachten System nicht mehr einverstanden sind. Die Schriftstellerin Manuela Salvi wettert über "Strände wie Legebatterien, in denen die Hühner für ihren Aufenthalt auch noch zahlen müssen". Bislang halten sich die Proteste jedoch in Grenzen.
Pächterfamilien wollen Pfründe gegen EU-Richtlinie verteidigen
Der Status Quo ist auf andere Weise in Gefahr: durch eine Richtlinie der EU, mit deren Umsetzung eigentlich schon 2006 hätte begonnen werden müssen. Demnach müssen die staatlichen Konzessionen für Strandabschnitte regelmäßig neu ausgeschrieben werden, weil es sich um öffentlichen Grund handelt - was von den verschiedensten Regierungen in Rom jedoch immer wieder hinausgeschoben wurde.
Eines der Argumente: Man müsse verhindern, dass künftig am Strand statt italienischer Familien ausländische Konzerne das Sagen haben - wie zum Beispiel im Golf von Triest, wo sich vor zwei Jahren der Energy-Drink-Multi Red Bull den Zuschlag für 120.000 Quadratmeter sicherte. Im Januar 2025 soll jetzt aber doch landesweit mit Ausschreibungen begonnen werden.
Enttäuschung über Ministerpräsidentin Meloni
Zu den größten Kritikern der EU-Richtlinie gehörte, als sie noch in der Opposition saß, die heutige Ministerpräsidentin Meloni. Umso tiefer ist bei den Strandbad-Betreibern jetzt die Enttäuschung. Der Präsident des Branchenverbandes Sindacato Italiano Balneari, Antonio Capacchione, klagt: "Die Regierung hat seit zwei Jahren überhaupt nichts unternommen. Wir haben acht Briefe mit der Bitte um ein Treffen geschickt - ohne Antwort. Was außer Streik können wir sonst noch unternehmen?"
Deshalb nun also der erste "sciopero degli ombrelloni" ("Streik der Sonnenschirme") in Italiens Geschichte - auch wenn einiges noch im Unklaren liegt. Fest steht, dass die Kassenhäuschen tatsächlich erst später am Vormittag öffnen sollen. Möglicherweise dürfen Stammgäste Liege und Sonnenschirm aber eigenhändig aufklappen.
Zudem kündigten einige Eigentümer, die in einem anderen Verband organisiert sind, am Donnerstag an, beim Streik überhaupt nicht mitzumachen: Man könne die Kundschaft ja nicht für Brüssel oder Rom bestrafen. So oder so: Am Preis für Liege und Sonnenschirm ändert sich an diesem Freitag nichts. Es gilt überall der übliche Tagestarif.