Faschingsauftakt Die Narren sind los

Doris Hein und Madlen Pfeifer

Sowohl in Neuhaus am Rennweg, als auch in Lauscha haben es die Karnevalisten geschafft: Sie halten die Schlüssel für die Rathäuser in ihren Händen und regieren nun die nächsten Monate bis zum Aschermittwoch.

Überpünktlich trudeln die Narren vom Neuhäuser Carneval- und Kirmesverein (NCV) am Freitag, 11.11., am Rathaus im Kirchweg ein. Schon weit vor 11 Uhr marschieren sie im Takt des Narrhallamarsches in Richtung des ab 11.11 Uhr ihnen gehörenden Verwaltungssitzes. Das erste Mal seit 2019.

Nach der Werbung weiterlesen

Nach dem Totalausfall in 2020 und der Schlüsselübergabe 2021, die zwei Tage nach dem 11.11. auf dem Markt und ohne Bürgermeister vonstatten ging, gleicht der Sturm aufs Rathaus heuer wieder einem Faschingsauftakt wie vor der Pandemie. Ein Dankeschön dafür gibt’s von NCV-Präsident Danny Eichhorn für den bis dato noch amtierenden Stadtchef Uwe Scheler, der es möglich macht, den Verwaltungssitz, für den es sonst einen vorher vereinbarten Termin und einen Mund-Nasen-Schutz braucht, betreten zu dürfen. „Danke, dass du sie eingesperrt hast“, so das Narren-Oberhaupt mit einem Augenzwinkern bezüglich der Anweisung an die Verwaltungsmitarbeiter, die während des närrischen Besuches die Türen lieber geschlossen halten sollen.

Damit sich nicht doch ein Virus breit macht unter der Vor- und Nach-11.11-Uhr-Belegschaft haben Eichhorn und Co. natürlich vorgesorgt und reichlich Impfschutz mitgebracht. In kleinen Glasbehältern mit grünem, nach Pfefferminz schmeckendem Inhalt. Ob der wirkt, bleibt abzuwarten. Zumindest wird reichlich davon injiziert, bevor Uwe Scheler den Schlüssel an den NCV-Präsidenten überreicht und sich von ihm und seinen Ministern wünscht, dass sie so regieren mögen, wie es in Erfurt nicht gemacht werde. „Ihr könnt also nichts falsch machen“, lautet die Ansage an die nun bis Aschermittwoch herrschende Schar.

Dass die heuer eigentlich gar nicht mehr im Kirchweg einmarschieren wollte, sondern „diem ins Bürcherhaus“, lässt Eichhorn nicht unerwähnt. „Mir hoffen und wünschen dir es geht ruck zuck“, sagt er zu Scheler, „dos du wenigstens in deiner Amtszeit a noch amol diem aus Fenster konnst geguck.“ Jetzt aber sind die Narren erst einmal für die nächsten Monate an der Macht, trinken, lachen und schunkeln, bis es kracht. Und rufen ein ums andere Mal durch den bald ausgedienten Rathaussaal: „Von Igelshieb, Schmolbuch bis offn Bau offn Herrnheiser Carneval ein dreifach donnerndes Herrnhaus Helau“.

Ein Alien auf dem Hüttenplatz

Nicht im Rathaus, aber ebenso begeistert wie die Neuhäuser, sind wenige Kilometer weiter südlich auch Lauschas Narren in die fünfte Jahreszeit gestartet. In der Glasstadt ist es Tradition, die Schlüsselübergabe auf dem Hüttenplatz zu zelebrieren. Wetter- und coronabedingte Ausnahmen bestätigen die Regel, etwa wenn wegen Regen in den Kulturhaussaal oder zum Schutz vor dem Virus in der Vergangenheit auch schon mal ins virtuelle Leben ausgewichen werden musste.

Heuer jedenfalls ist wieder alles ganz normal gelaufen – zumindest beinahe. Die Vereinsmitglieder haben den Hüttenplatz inklusive Baum rechtzeitig mit bunten Girlanden und sonstigem Faschingsschmuck verziert. Die Händler, die eigentlich freitags auf dem Platz das Sagen haben, werden kurzerhand umplatziert, denn aus dem Rathaus hatte sie offenbar niemand über die närrischen Aktivitäten informiert.

Wie auch? Bürgermeister Norbert Zitzmann hat nämlich offensichtlich Wichtigeres zu erledigen. Er sei auf einem Bürokratisierungsseminar, informiert ein grünes Alien die kleinen und großen Narren, die bei Bratwurst und wärmenden Getränken gespannt der Schlüsselübergabe entgegensehen. Die quietschgrüne Gestalt hört im wahren Leben auf den Namen Kerstin Müller-Litz und hat ihr Domizil nach eigener Aussage in Lauschas bester Wohnlage, nämlich in Ernstthal, aufgeschlagen. Den gläsernen Rathausschlüssel habe ihr Zitzmann zu treuen Händen übergeben, damit sie ihn vor jedermann hüten solle, erklärt die Alien-Dame. Und sie ist durchaus bemüht, sich des Vertrauensbeweises des Stadtoberhauptes als würdig zu erweisen. Es bedarf erst intensiver „Überredungskünste“ der Wilden Hühner des Lauschaer Carnevalvereins, damit der gläserne Schlüssel schließlich doch in den Händen von LCV-Vorstand Stefan Böhm-Wirt landet. Bei Musik und Kamelle wird danach eifrig weiter gefeiert und getanzt, wobei besonders die „Wackelzähne“ und „Zahnlücken“ vom Awo-Kindergarten Hüttengeister viel Spaß haben und lauthals einstimmen in den Lauschaer Faschingsschlachtruf „Spiss-Kist!“.