Extremlauf in Oberhof Einer für alle, alle für einen

Fabian Dorst

An die 1000 Teilnehmer hangeln bei der dritten Auflage des Oberhofer Extremlaufs „Getting Tough“ über die Hindernisse und bewältigen 700 Treppenstufen.

 
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Jung oder alt, Frau oder Mann, alleine oder im Team: Wer sich auf einen Extremsport-Wettkampf einlässt, weiß, dass die körperlichen Grenzen schnell erreicht sind und manchmal sogar überschritten werden müssen, um alle Herausforderungen zu meistern. So erging es auch den knapp 1000 Aktiven am Samstag im sonnigen Oberhof, die bei der dritten Auflage von „Getting Tough – Five Elements“ in der Rennsteigstadt alles aus sich herausholten, um die Distanzen über 17 beziehungsweise 9 Kilometer samt der mit viel Liebe zum Detail errichteten Hindernisse zu bewältigen.

Die Besonderheit des Wettbewerbs, einem erstmals 2020 durchgeführten Ableger des in Rudolstadt beheimateten Originals („Getting Tough – The Race“), ist die Einbindung mehrerer renommierter Sportstätten. So musste die (eisfreie) Bob- und Rennrodelbahn bergauf erklommen werden. Im Bike- und Snowpark warteten zahlreiche Hindernisse, bevor sich die Läuferinnen und Läufer in der Skihalle bei knackigen minus 2 Grad durch ein weißes Kunstschnee-Band kämpfen mussten.

Klettern über Gerüste, Gewichte-tragen von einem Punkt zum anderen, Hangeln an Seilen, Speerwerfen auf Strohballen oder das Durchqueren von Wasserhindernissen: Beim „Getting Tough“ gibt es nichts, was es nicht gibt. Das blieb auch einigen Passanten nicht verborgen, die dem Treiben mit einer Mischung aus Respekt und Unverständnis zuschauten. „Es ist ja der Wahnsinn, was die hier auf die Beine stellen“, rief ein staunender Zuschauer den Aktiven zu.

Wohl wahr – und die Optionen waren noch nicht ausgereizt, denn in der Ski-Arena am Grenzadler wartete der berühmt-berüchtigte Birxsteig auf die Aktiven, dessen Neigungswinkel im Winter selbst die besten Biathleten der Welt an die Leistungsgrenze bringt. Kurz darauf war dann die Königsdisziplin des Oberhofer Extremlaufs an der Reihe. An der Großschanze im Kanzlersgrund hieß es: Treppensteigen im Eiltempo, wo-bei es sich hier nicht um drei Etagen im Plattenbau handelte, sondern um 700 Stufen – und das bei Temperaturen von über 20 Grad im Rahmen eines Rennens, der bis zu diesem Zeitpunkt schon ordentlich Kräfte gekostet hatte.

Deshalb war es sehr hilfreich, dass sich viele Schaulustige an der Schanze postiert hatten, um die Athletinnen und Athleten mit Applaus zu begleiten und die Herausforderung zumindest ein kleines bisschen leichter zu machen. „Diese Treppen bis nach oben sind eine ganz schöne Schinderei. Umso toller ist der Empfang“, plauderte Charles Franzke (Spitzname: „Pferdelunge“) aus dem Nähkästchen. Der Saalfelder gewann den Wettkampf bereits zum zweiten Mal und benötigte als einziger Starter weniger als 90 Minuten für die 17-Kilometer-Strecke. Mit rund vier Minuten Rückstand folgten Robin Siegel von Getting-Tough-Verein und Robert Pfeifer aus Blankenhain auf den Plätzen zwei und drei. Bei den Frauen – hier hatte sich unter anderen Biathlon-Ass Vanessa Voigt in die Startliste eingetragen – siegte Anne Kilian (Erfurt) über 17 Kilometer vor Jessica Koch und Nicole Krause. Über die 9 Kilometer triumphierte ebenfalls Kilian, bei den Männern gewann Austen Weilandt aus Jena.

Als Siegerinnen und Sieger durften sich aber eigentlich alle fühlen, die sich an die sportliche Tortur heranwagten. „Hauptsache, die Medaille für die erfolgreiche Teilnahme hängt um meinen Hals“, sagte die extra von der Ostsee angereiste Sandra Hanneken nach der Zielankunft, die es noch einmal in sich hatte. War doch auf dem gesamten Oberhofer Stadtplatz im wahrsten Wortsinn ein Finale furioso aufgebaut. So mussten die letzten Reserven mobilisiert werden, um eine etwa zwei Meter hohe Rampe zu besteigen, bevor die Ziellinie erreicht wurde.

Nicht nur bei diesem Hindernis galt das ungeschriebene Extremlauf-Gesetz, dass man sich un-tereinander hilft, wenn dies nötig ist. Beispiel gefällig? Als eine völlig entkräftete Teilnehmerin an den Ringen im Zielbereich zu scheitern drohte, ließ sich der Mann neben ihr nicht lange bitten. Ohne mit der Wimper zu zucken, trug er sie auf seinen Schultern durch das Hindernis und hievte sie mit letzter Kraft auf die Rampe, ehe beide gemeinsam den Zielstrich überquerten. Einer für alle, alle für einen – beim „Getting Tough“ ist das mehr als nur ein Motto.

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