Auch andere Entgleisungen schadeten ihm nicht: Im Wahlkampf 2016 wurde eine alte Tonaufnahme publik, in der sich Trump anzüglich über Frauen äußerte - und darüber, dass er sie überall anfassen könne, auch zwischen den Beinen. Die Amerikaner wählten ihn trotzdem zum Präsidenten.
Nie da gewesenes Maß an Ermittlungen
Im Weißen Haus überstand Trump dann ein nie da gewesenes Maß an Ermittlungen: Erst untersuchte ein Sonderermittler zwei Jahre lang, ob Trumps Wahlkampfteam geheime Absprachen mit Vertretern Russlands traf und ob Trump später, als er Präsident war, die Ermittlungen der Justiz dazu behinderte. Für Trump blieb die Untersuchung folgenlos.
Danach ging er als erster US-Präsident in die Geschichte ein, gegen den gleich zwei Amtsenthebungsverfahren eingeleitet wurden. Im ersten musste er sich wegen Machtmissbrauchs und Behinderung von Kongressermittlungen verantworten. Im zweiten ging es um die Attacke seiner Anhänger auf das Kapitol am 6. Januar 2021. Beide Male wurde Trump freigesprochen, dank der Mehrheit seiner Republikaner im Senat.
Wer dachte, dass sich Trump durch seinen vergeblichen Feldzug gegen die Niederlage bei der Wahl 2020 und durch den Gewaltausbruch am Kapitol zumindest politisch bei seiner Basis für jedes höhere Amt disqualifiziert hätte, auch der irrte. In Umfragen liegt Trump im Feld potenzieller republikanischer Präsidentschaftsbewerber für 2024 weiter ganz vorne.
Trump ist ein Meister darin, jeden Skandal, jede Ermittlung, jeden rechtlichen Vorwurf umzumünzen, um seine Anhänger anzuheizen und Spenden zu sammeln. Er spricht von einer "Hexenjagd", von politisch motivierten Versuchen, ihn zum Schweigen zu bringen. Seine hartgesottenen Anhänger fühlen sich dadurch in ihrem Eifer bestärkt.
Kein Lossagen von Trump
Und im Parteiestablishment der Republikaner? Dort veranlasste keiner der Skandale und keine politische Eskapade der vergangenen Jahre die Parteiprominenz dazu, sich von Trump loszusagen - nicht einmal der zuvor undenkbare Angriff auf die US-Demokratie. Erst das von Trump mitverursachte Debakel der Republikaner bei den Kongresswahlen im Herbst 2022 - also die Angst um die eigene politische Macht - löste größere Absetzbewegungen aus und führte dazu, dass sich inzwischen mehrere prominente Republikaner offen gegen Trump in Stellung bringen.
Schon vor seiner Zeit im Weißen Haus, in seinen Jahrzehnten als Immobilienunternehmer, war Trump mit Unmengen an Klagen und Ermittlungen gegen ihn und seine Firmen konfrontiert, etwa wegen angeblich dubioser Geschäftspraktiken oder möglicher Steuervergehen. Das geht bis heute so. Doch noch nie ging es Trump dabei persönlich an den Kragen. Nur andere aus seinem Umfeld mussten hinter Gitter.
Im September legte die New Yorker Staatsanwaltschaft eine Zivilklage wegen Betrugs vor, die sich unter anderem gegen Trump, dessen Konzern und drei seiner Kinder richtet. Sie sollen im großen Stil und über Jahre hinweg den Firmenwert der Trump Organization manipuliert haben. Hier geht es aber lediglich um finanzielle Forderungen.
Ein Hauch des Dubiosen
Trump umweht also seit vielen Jahren beharrlich ein Hauch des Dubiosen, ohne dass dies seinen politischen Aufstieg ins höchste Amt der USA aufgehalten hätte. Nun aber scheint er juristisch in die Ecke gedrängt wie nie zuvor - nicht nur wegen der möglichen Anklage in New York. Ein vom US-Justizministerium eingesetzter Sonderermittler untersucht Trumps Umgang mit geheimen Regierungsunterlagen. Trump bewahrte nach dem Auszug aus dem Weißen Haus in großer Zahl Regierungsdokumente in seinem privaten Anwesen Mar-a-Lago in Florida auf, darunter viele Dokumente mit höchster Geheimhaltungsstufe. Trump könnte sich strafbar gemacht haben - und er könnte sich nach Ansicht mancher Juristen mit dieser Sache im Fall einer Anklage und Verurteilung womöglich auch für das Präsidentenamt disqualifizieren.
Der Sonderermittler untersucht außerdem, welche Rolle Trump bei der Kapitol-Attacke und den Bemühungen spielte, den Wahlausgang 2020 zu manipulieren. Auch hier sehen manche Experten anders als bei dem New Yorker Fall Risiken für Trump und seine Wiederwahl-Ambitionen: Laut Verfassung sind nämlich jene von öffentlichen Ämtern ausgeschlossen, die sich an einer Rebellion gegen die Regierung beteiligt haben.