Erstaufnahmeeinrichtung Flüchtlingsstau in der Erstaufnahme

Erstaufnahme in Suhl: Droht wie 2015 die Überlastung Foto: frankphoto.de

Die Erstaufnahmeeinrichtung des Landes auf dem Suhler Friedberg läuft voll. Am Mittwoch waren dort bereits an die 1000 Flüchtlinge untergebracht – Tendenz stark steigend.

 
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Suhl - In der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes (EAE) auf dem Suhler Friedberg rüstet man sich für einen starken Zustrom von Flüchtlingen. In der Nacht zu Mittwoch kamen dort nach Informationen unserer Zeitung überraschend Busse mit 150 Flüchtlingen, vornehmlich jungen alleinreisenden Männern, an. Weitere Ankünfte in großer Zahl werden erwartet. Ursache dafür sind zum einen die ins Land kommenden afghanischen Ortskräfte und zum anderen die von Schleusern systematisch aus Weißrussland über die Grenze nach Polen gebrachten Flüchtlinge, von denen immer mehr in Deutschland ankommen.

Weil andere Bundesländer, wie etwa Sachsen, wegen überlaufender Aufnahmeeinrichtungen bereits keine weiteren Flüchtlinge mehr aufnehmen können, hat sich Thüringens Migrationsminister Dirk Adams (Grüne) zur Aufnahme über das vereinbarte Kontingent hinaus bereit erklärt. Dazu wurde in der vergangenen Woche bereits die frühere Erstaufnahmeeinrichtung Eisenberg wieder in Betrieb genommen. Dort sind vorwiegend afghanische Ortskräfte mit ihre Familien untergebracht. Doch ist laut Oberbürgermeister André Knapp bereits abzusehen, dass die Kapazitäten angesichts ähnlicher erwarteter Flüchtlingszahlen wie 2015 nicht ausreichen werden. Möglicherweise sollen deshalb wie damals zusätzliche Gebäude angemietet oder Containerlösungen geschaffen werden. Auf dem Friedberg wäre etwa die Sporthalle als Notquartier denkbar.

Derzeit sind in der EAE rund 1000 Menschen untergebracht – Tendenz stark steigend. Noch vor einigen Tagen war die Einrichtung mit 400 und 600 Menschen belegt. 2015 waren dort schon einmal an die 2000 Flüchtlinge untergebracht, was zu Krawallen mit zeitweise außer Kon-trolle geratenen Zuständen führte. Dieses Szenario soll unter allen Umständen vermieden werden.

Immer wieder gab es in den vergangenen Wochen Kritik von Flüchtlingsorganisationen und Flüchtlingen selbst an den vorgeblich menschenunwürdigen Zuständen in der EAE, mangelnder Privatsphäre und unzureichender Verpflegung.

Die Einrichtung ist für maximal 1500 Flüchtlinge ausgelegt. Die Infektionsschutzrichtlinien der Corona-Pandemie und brandschutzrechtliche Vorschriften setzen allerdings eine niedrigere Grenze. Diese liegt nach Auskunft der Stadt derzeit bei 1280 Bewohnern, um eine quarantänegerechte Unterbringung von neu eingereisten Flüchtlingen gewährleisten zu können. Dazu wurde in den vergangenen Tagen im Haus 19, das als Quarantäneunterkunft dient, weiterer Platz geschaffen.

Das Gesundheitsamt der Stadt Suhl ist für die Einhaltung der infektionsschutzrechtlichen Vorschriften für Gemeinschaftseinrichtungen verantwortlich, was in der Vergangenheit immer wieder für Streit mit dem Land sorgte. „Das funktioniert aber jetzt gut, da haben wir derzeit keine Beanstandungen “, sagt der Oberbürgermeister, der die Zusammenarbeit mit dem zum 1. September neu eingesetzten Leiter Alexander Theus als konstruktiv lobt. Gleichwohl sei abzusehen, dass die Einrichtung schon in wenigen Tagen an ihre Kapazitätsgrenzen stoße, so Knapp.

Deshalb macht das Landesverwaltungsamtes als Betreiber der Erstaufnahme jetzt Druck auf die Kommunen. „Gesucht werden Lösungen für eine schnellere Abverteilung der Menschen“, sagt Knapp nach einem Telefonat mit LVA-Präsident Frank Roßner am Mittwoch. Statt wie bisher ein paar Dutzend sollen schnellstmöglich mindestens 300 Flüchtlinge pro Woche auf die Kommunen verteilt werden, auch ohne abgeschlossenes Asylverfahren, das normalerweise in der Einrichtung auf dem Friedberg durchlaufen wird.

An diesem Freitag sollen laut Knapp die Voraussetzungen dafür bei einer Konferenz zwischen Landesverwaltungsamt, Landräten und Oberbürgermeistern ausgelotet werden. Es gelte, eine Überlastung der EAE schon vor dem Volllaufen zu verhindern. Inwieweit die Kommunen dafür Kapazitäten haben oder in der Kürze der Zeit Objekte anmieten können, ist fraglich.

Unterdessen wurde der Termin für die Anhörung des Oberbürgermeisters als Einreicher der Petition zur Schließung der Erstaufnahme vor dem Petitionsausschuss des Landtages am 16. November um 15 Uhr bekannt. Die Anhörung wird von Anwohnern begleitet, die sich der Forderung angeschlossen haben und ihre Gründe dafür ebenfalls darlegen wollen. Anfang Juni hatte der Oberbürgermeister die Petition aufgrund einer wachsenden Zahl von Straftaten im Umfeld der EAE und einer zuvor von Bürgern initiierten Online-Petition eingereicht. Binnen nur weniger Tage war das erforderliche Quorum von 1500 Unterschriften erreicht.

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