Erfurt – In mehreren Chatgruppen verabreden sich seit Tagen zahlreiche Menschen, die sogenannten Gelbe-Westen-Proteste aus Frankreich, nach Deutschland und Thüringen zu tragen. Zuletzt sind dabei auch ganz konkrete Aktionen besprochen worden. So kursieren in mindestens zwei dieser Gruppen nach Informationen unserer Zeitung Aufrufe, am Samstagmittag die Autobahnen Hermsdorfer Kreuz in Ostthüringen zu blockieren. Dazu sollen den Planungen nach Lkw auf die Autobahnen gestellt werden, um einen Stau zu erzeugen. So hat ein Chatmitglied vorgeschlagen, Lkw in Zwölferreihen auf den Fahrbahnen aufzustellen. „Steht der Convoi werden die Schlüssel gezogen und dann auf einer Ladefläche versteckt so das es für die eintreffenden Hundertschaften unmöglich ist die lkw zu bewegen“, schrieb das Chatmitglied, die Rechtschreibfehler inklusive. Mit Hundertschaften meint der Mann oder die Frau offenkundig Einheiten der Polizei, die im Falle möglicherweise eingesetzt würden.
An den Chats beteiligen sich einige Lkw-Fahrer selbst. Andere Chatmitglieder schlagen vor, Lkw-Fahrer, die ihre Fahrzeuge rund um das Hermsdorfer Kreuz abgestellt haben, zu bitten, sich an der Aktion zu beteiligen. Diskutiert wird dabei auch, die Autobahn-Ab- und -Zufahrten zu blockieren. „Panne auf abfahrt mit ungunstigster Stellung des Lkw fur die Passage der Polizei, evtl. Zundung manipulieren. Der Staubeginn muss auch so gewahlt sein das es zig km bis zu den nachsten Abfahrten ist“, schrieb ein Chatmitglied. Treffpunkt für die Aktion soll ein Rasthof am Hermsdorfer Kreuz auf der Autobahnseite in Richtung Berlin sein.
Derartige und ähnliche Diskussionen gilt es in landesweiten und lokalen Chatgruppen, die über einen Messenger-Dienst geführt werden. Alleine in einer thüringenweiten Gruppe, die Blockaden organisieren will, waren am Freitag mehr als 200 Menschen angemeldet. Sie kommen nach eigenen Angaben aus allen Regionen des Freistaats und auch aus anderen Bundesländern. Zudem existieren Chatgruppen, die Aktionen in einzelnen Thüringer Städten diskutieren.
Ob diese Planungen nur wilde Fantasien sind, die Menschen in der digitalen Welt ausleben oder ob sich einzelne Chatmitglieder tatsächlich zu Aktionen auf die Straßen begeben werden, ist derzeit unklar. Klar ist dagegen, dass in den Chatgruppen zahlreiche Bemerkungen fallen, wie immer wieder in der Reichsbürger-Szene beziehungsweise bei Rechtsextremen zu finden sind. So wird in den Gruppen unter anderem über den UN-Migrationspakt diskutiert und dabei gegen Flüchtlinge gehetzt.
Die Sicherheitsbehörden im Freistaat wissen nach Angaben des Thüringer Innenministeriums bislang offenbar nichts oder nur wenig über diese Planungen und Chatgruppen. Nach Einschätzung des Thüringer Verfassungsschutzes werde die Gelbe-Westen-Bewegung bislang lediglich punktuell von Rechtsextremisten in sozialen Medien thematisiert, sagte ein Sprecher des Ministeriums unserer Zeitung. „Das Agieren einer bestimmten Thüringer Gruppierung lasse sich für den Verfassungsschutz „gegenwärtig allerdings nicht feststellen“. Auch die Polizei hat den Angaben des Sprechers nach keine eigenen Hinweise auf diese Aktion.
In Frankreich protestieren seit Wochen Menschen in gelben Westen – teilweise friedlich, teilweise gewalttätig – gegen die Politik von des französischen Präsidenten Emmanuel Macron.