Wenn der Wald ins Pflegezentrum kommt-Erinnerungen an einen großen Sportler und besonderen Menschen.
Wenn der Wald ins Pflegezentrum kommt-Erinnerungen an einen großen Sportler und besonderen Menschen.
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Waldau:Im Pflegezentrum Bergkristall in Waldau durfte ich einen Menschen begleiten,der sein Leben dem Sport,der Natur+ dem Wald verschrieben hatte–Ludwig Amarell.Ein Mann,dessen Herz im Takt seiner Schritte schlug,wenn er durch Wälder und über Berge lief.Der Umzug in eine Pflegeeinrichtung war für ihn ein schwerer Schritt,denn der Wald war immer sein Rückzugsort,sein Kraftplatz.Umso wichtiger war es,Ludwig so zu begegnen,dass er sich verstanden,gesehen und wertgeschätzt fühlte.Individuelle Betreuung bedeutet,den Menschen in seiner Ganzheit zu erfassen–mit seiner Lebensgeschichte,seinen Gewohnheiten,seinen Wünschen+seiner Persönlichkeit.Jeder Mensch ist einzigartig, und genau das stand bei Ludwig im Mittelpunkt.Seine ruhige Art,sein Sinn für das Wesentliche+ seine Liebe zur Natur gaben die Richtung für unsere gemeinsame Zeit vor.Beziehungspflege braucht Geduld,Empathie+ echtes Interesse.Ludwig war kein Mensch vieler Worte,aber ein Mensch voller Tiefe.In den Gesprächen über frühere Läufe,über den Duft des Waldes am Morgen oder den Stolz nach einem erfolgreichen Marathon zeigte sich,was ihn innerlich bewegte.Durch diese Nähe entstand Vertrauen-eine Verbindung,die weit über alltägliche Betreuung hinausging.Da Ludwig seinen geliebten Wald nicht mehr betreten konnte,kam der Wald zu ihm.Mit Naturmaterialien gestalteten wir kleine Naturinseln in seinem Zimmer.Der Anblick und Duft dieser Dinge riefen Erinnerungen wach–an vergangene Läufe,an den Rennsteig,an das Gefühl von Freiheit.So wurde sein Zimmer zu einem Ort,der seine Seele berührte+ seine Sinne aktivierte.2021 lief Ludwig seinen letzten Marathon–mit jenen Schuhen die ihn über viele Jahre begleitet hatten.Diese Schuhe trug er später auch auf seinem letzten Weg.Ein stilles,aber starkes Symbol dafür,dass seine Leidenschaft ihn bis zum Schluss getragen hat.Einer seiner größten Freuden war der Besuch seines Sportfreundes Andy Anschütz.Beide verband eine lange gemeinsame Geschichte.Gespräche über frühere Erfolge,Erlebnisse+Ziele gaben Ludwig Kraft.Noch kurz vor seinem Tod nahm er eine Videobotschaft für Andy auf, in der er ihm alles Gute für den diesjährigen Rennsteiglauf wünschte–ein bewegender Ausdruck seiner Wertschätzung und seiner ungebrochenen Lebensfreude.Ludwig liebte sowohl die Gemeinschaft,als auch die stillen Momente in Einzelbetreuung.Spaziergänge im Freien oder kleine Aktivitäten, die an seine sportliche Vergangenheit anknüpften,bedeuteten ihm sehr viel.Diese individuell auf ihn abgestimmten Angebote halfen ihm,sich angenommen und verstanden zu fühlen.Menschen wie Ludwig zeigen,wie wichtig es ist,die Lebensgeschichte eines Bewohners zu kennen.Nur wer weiß, was einem Menschen im Leben wichtig war,kann ihm heute das geben,was er braucht.Individuelle Betreuung bedeutet,den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen–mit all seinen Bedürfnissen,Erinnerungen +Emotionen.Beziehungspflege ist dabei weit mehr als eine berufliche Aufgabe.Sie ist ein Prozess des gegenseitigen Erkennens,ein Geben und Nehmen.Einfühlsame Bezugspersonen stimmen ihr Verhalten darauf ab,welche Fähigkeiten und Bedürfnisse der Mensch noch hat- mal unterstützend,mal zurückhaltend,immer achtsam.So entsteht Vertrauen,Geborgenheit und die Möglichkeit,sich trotz Krankheit oder Einschränkung als ganzer Mensch wahrzunehmen.Ludwig hat uns allen gezeigt,wie wertvoll echte Zuwendung ist.Seine Geschichte erinnert daran,dass Betreuung weit über Pflege hinausgeht–sie ist Beziehung,Begegnung+gegenseitiges Lernen.Ich bin dankbar,dass ich Ludwig begleiten durfte.Durch ihn habe ich gelernt,dass wahre Betreuung dort beginnt,wo wir den Menschen wirklich sehen–so, wie er ist.
Claudia Granzow
Bei uns daheim
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