Einkommenseinbußen in der Pandemie Eine Neiddebatte mit wenig Nennwert

Die Abgeordnetenentschädigung für Mitglieder des Bundestages beträgt Mitte 2019 monatlich 10 083,47 Euro. Vielen Selbstständigen ist derweil in Zeiten der Pandemie die Möglichkeit zum Broterwerb genommen. Ein drastische Zeichen, um auf diese Misere hinzuweisen, setzte Siegmundsburgs Freizeitstätten-Chefin Sigrun Greiner mit einem schwarzen Kreuz (Freies Wort berichtete). Foto: /Carl-Heinz Zitzmann

Sind Politiker glaubwürdiger, wenn sie sich durch Gehaltsverzicht einordnen ins Spalier der von den Corona-Beschränkungen Betroffenen? Bundestagsabgeordneter Mark Hauptmann glaubt nicht an diese einfache Rechnung.

 
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Berlin/Mengersgereuth-Hämmern/Siegmundsburg - Zwei Leserbriefe mit einem vergleichbaren Tenor haben die Lokalredaktion dieser Tage erreicht. So hatte es Sigrun Greiner – diese betreibt die Tubinganlage in Siegmundsburg – erschreckend genannt, „dass den Politikern so gar nichts anderes einfällt, als den Stillstand im Land immer wieder neu zu verlängern“ (Freies Wort vom 15. Februar). Kein gutes Haar ließ Greiner an den staatlichen Corona-Beihilfen für geschlossene Unternehmen: „De facto bekommt man nur einmal etwas und dann nicht mehr. Solange diejenigen, die das zu entscheiden haben, regelmäßig ungekürzt ihr Salär erhalten, wird sich daran auch nichts ändern.“

Ähnlich äußert sich Bernd Fritsch aus Mengersgereuth-Hämmern. Dieser mahnt explizit an den CDU-Bundestagsabgeordneten gewandt an, Mark Hauptmann solle sich wahrnehmbarer als bisher um die Situation kleiner Unternehmen kümmern, damit „sie zu dem zustehenden Kurzarbeitergeld und ihren finanziellen Verlusten kommen um Insolvenzen in Größenordnung zu vermeiden“.

Aus Sicht von Fritsch wäre es angebracht „auch Bundestagsabgeordnete einmal finanziell an diese Pandemie zu beteiligen – mit einem halben Jahr Gehaltsverzicht.“ Noch eine zweite Besorgnis eint Fritsch mit Greiner. In einer Vielzahl von Vereinen sei er über viele Jahre in verschiedenen Funktionen ehrenamtlich aktiv gewesen, schildert er gegenüber seiner Heimatzeitung. Dass die Infektionsschutzregeln es gerade Älteren unmöglich machen den sozialen Zusammenhalt beim sportlichen Miteinander zu pflegen, nennt der Rentner belastend. Entsprechend ist der Mann aus Mengersgereuth-Hämmern nicht weit entfernt von der Ausflugsziel-Managerin aus Siegmundsburg, wenn er für vereinsbasierte Freizeitaktivitäten eine Öffnungsperspektive fordert.

Arbeit wird nicht weniger

Werden nun aber Politiker glaubwürdiger, wenn sie – mitgehangen, mitgefangen – auf Gehalt verzichten, um ihrer Solidarität mit von den Corona-Einschränkungen Betroffenen einen glaubwürdigen Ausdruck zu geben? Oder steckt in einem solchen Symbolismus wohl nur wenig Nennwert?

Mark Hauptmann jedenfalls ist skeptisch: „Die Idee eines Gehaltsverzichts klingt vielleicht populär, steht aber nicht im Verhältnis zur derzeitigen Arbeit der allermeisten Berufspolitiker. Ich kann aus meiner persönlichen Erfahrung sagen, dass die Arbeit nicht etwa weniger und geringer geworden wäre, sondern durch die Beschäftigung mit der Vielzahl von Einzelschicksalen in meinem Wahlkreis eher mehr und teils komplizierter geworden ist. Zugleich begleite ich in meiner Funktion als Mitglied im Wirtschaftsausschuss die Maßnahmen der Bundesregierung engmaschig und versuche im Interesse der vielen Petenten aus meinem Wahlkreis auf eine Besserung der IT-Antragsverfahren oder eine Beschleunigung der Auszahlung der Corona-Hilfen hinzuwirken.“

Weder bleibe die Welt stehen, noch sind die Herausforderungen durch Corona weniger geworden. Es gelte vielmehr weiter an einer Lösung für die Probleme von morgen zu arbeiten, sagt der Suhler. „Neben den Maßnahmen für die Corona-Krisenbewältigung haben wir zuletzt eine Novelle des Erneuerbare Energien-Gesetzes auf den Weg gebracht, den Ausbau der Lade-Infrastruktur in Deutschland entscheidend vorangetrieben und behandeln derzeit die TKG-Novelle, die u.a. einen zügigen Ausbau von 5G ermöglichen soll.“

Auch in der Verwaltung, den Ministerien oder den Gerichten sind die Belastungen kaum geringer geworden, merkt der CDU-Mann noch an. „Aus einer Vielzahl von Videokonferenzen gerade mit dem Bundeswirtschaftsministerium weiß ich, dass viele Beamte seit Beginn der Krise am Anschlag arbeiten und zum Teil über Weihnachten und Neujahr durcharbeiten mussten.“

Aus Hauptmanns Sicht stünde ein vollständiger Lohnverzicht auch nicht in dem Verhältnis zur Lohnentwicklung in Deutschland: „Der Bundestag hat vor einigen Jahren aus gutem Grund beschlossen, die Diäten an die allgemeine Lohnentwicklung zu koppeln. Weil der Nominallohnindex nach vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamts in diesem Jahr erstmals fiel, sinken auch die Diäten der Abgeordneten dieses Jahr entsprechend um 0,6 Prozent. Ich glaube, jeder leistet in der Pandemie seinen bestmöglichen Beitrag, damit wir diese Herausforderung gemeinsam meistern.“

Neiddebatten, wer wie stark von Einkommenseinbußen betroffen ist, nennt er von daher nicht zielführend: „Auch kann ich nicht erkennen, inwiefern ein Einkommensverzicht zu besseren Ergebnissen im Rahmen der Pandemiebewältigung beitragen solle. Ich persönlich habe mich seit Beginn der Pandemie dazu entschieden, mehr Geld an Vereine und Initiativen zu spenden. Damit ist zumindest denjenigen ein Stück weit mehr geholfen, als durch die sozialistisch anmutende Idee, allen das Einkommen zu streichen, nur damit wieder alle wenig (und am Ende nichts) haben.“

Neustart in Sicht

An der Seite der Leserbriefschreiber sieht sich Hauptmann bei der Frage nach Chancen, den organisierten Vereinssport über kurz oder lang wieder an den Start zu bringen.

Erst dieser Tage, so der 36-Jährige, habe die Sportministerkonferenz einen Plan zur Rückkehr des Amateur- und Breitensports beschlossen, der nun der Bundeskanzlerin und den Ministerpräsidenten der Länder vorgelegt wird. „Der einstimmige Beschluss sieht einen schrittweisen Wiedereinstieg anhand eines sechsstufigen Rückkehrmodells vor. Dies unterstütze ich ausdrücklich. Wir brauchen schnellstmöglich eine Öffnungsperspektive für den Vereinssport. Vor allen Dingen Kinder und Jugendliche, die von den geschlossenen Sporthallen und -plätzen besonders betroffen sind, brauchen die Bewegung und den Austausch mit ihren Spielkameraden.“

Letztlich hänge jedoch alles vom Infektionsgeschehen der nächsten Wochen ab: „Wenn die Infektionszahlen weiter runtergehen, sehe ich keinen Grund, warum wir Sport, der an der frischen Luft stattfindet, nicht bald wieder zulassen sollten.“

In diesem Sinne gibt sich Mark Hauptmann optimistisch, was Freizeitstätten wie jene in Siegmundsburg anbelangt: „Für mich gilt hier das soeben Gesagte. Gerade für Outdoor-Freizeitaktivitäten stehen die Chancen gut, dass wir in den nächsten Wochen unter Einhaltung von Hygienemaßnahmen Öffnungen zulassen können.“

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