Was Hirschhausen zum Lachen bringt: "Wir sehen jetzt im Bundestagswahlkampf regelmäßig Politiker, die sich mit einer großen Maß Bier in der Hand über Cannabis aufregen - dabei ist Alkohol, gemessen an dem angerichteten Gesundheitsschaden, ohne Zweifel die gefährlichste Droge der Welt. Und die Einzige, bei der man sich entschuldigen muss, wenn man sie nicht nimmt."
Eine spannende neue Entwicklung ist für ihn: In der Generation der 20- bis 30-Jährigen trinke ein Drittel gar nicht mehr. "Gerade junge Frauen sagen heute oft sehr selbstbewusst: "Ich brauche das nicht. Mir fehlt nichts, wenn ich keinen Alkohol trinke. Im Gegenteil, ich weiß, dass ich schlechter schlafe, wenn ich getrunken habe, dass ich schlechter gelaunt bin."" In manchen Milieus mag der Verzicht auch Ausweis von Selbstdisziplin und sichtbares Zeichen für einen bewussten Lebensstil sein.
Richtig aufregen kann sich Hirschhausen über das Konzept des "begleiteten Trinkens ab 14". Jugendliche dürfen in Deutschland nach Jugendschutzgesetz regulär vom 16. Geburtstag an Bier, Wein und Sekt kaufen sowie trinken. In Begleitung einer sorgeberechtigten Person ist das aber sogar schon ab 14 Jahren erlaubt - auch in Gaststätten oder in der Öffentlichkeit. "Dass wir just in der labilen Entwicklungsphase der Pubertät ganz systematisch an den Alkohol herangeführt werden, so als wäre der Rausch das entscheidende Kennzeichen fürs Erwachsenwerden, ist geradezu krank. Und da ist derjenige, der Nein sagt, schnell der Spielverderber."
Hirschhausen selbst trinkt heute deutlich weniger als früher, will aber nicht völlig verzichten. Seine Faustregel lautet: Alkohol soll eine Ausnahme vom Alltag sein - keine Routine also, sondern immer etwas Besonderes. "Und ich würde mir wünschen, dass es viel normaler und akzeptierter wird, nicht zu trinken. Das fängt schon bei den Bezeichnungen dafür an." Wie nennt man jemanden, der auf Alkohol verzichtet? Abstinenzler? Nicht-Trinker? "Das ist so uncool wie Nicht-Schwimmer, als hätte man es nicht bis zum Schwimmer geschafft!"