„Ein Millionengrab“ Bund der Steuerzahler watscht Regiomed ab

Im jährlichen Schwarzbuch werden Fehlplanungen und verschwendete Steuergelder aufgeführt – aktuell auch die des thüringisch-fränkischen Klinikverbunds Regiomed. Foto: Frank Wunderatsch/Frank Wunderatsch

Der Klinikverbund hat es in das am Dienstag veröffentlichte Schwarzbuch der Steuerzahler geschafft. Im Fokus stehen verschwendete Steuergelder in Millionenhöhe.

 
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Coburg - „Teure Fehler“ und „von Pech und Pannen verfolgt“, so betitelt der Bund der Steuerzahler in seinem aktuellen Schwarzbuch, das am Dienstagvormittag vorgestellt wurde, den bayerisch-thüringischen Klinikverbund Regiomed. Ein zukunftsweisendes Erfolgsmodell einer landesübergreifenden kommunalen Zusammenarbeit sei durch „Fehlplanungen und Unregelmäßigkeiten der Geschäftsführung offenbar zu einem Millionengrab“ geworden, heißt es da. Im jährlichen Schwarzbuch werden öffentliche Projekte angeprangert, bei denen fragwürdig mit Steuergeldern umgegangen wird. Präsentiert werden Kostenexplosionen und Fehlplanungen in ganz Deutschland.

Für den Bund der Steuerzahler ins Zwielicht geraten ist die Klinikgruppe, als sie vor einigen Jahren mit einem Betriebsdefizit im unteren zweistelligen Millionenbereich (2018: rund 25 Millionen Euro) von sich reden machte. Im Fokus sind dabei Rechts- und Beratungskosten in Höhe von rund 17,5 Millionen Euro gestanden, die zwischen den Jahren 2013 bis 2018 angefallen sind und für die die frühere Geschäftsführung die Verantwortung trägt. Von dieser hat sich Regiomed längst getrennt.

Der Krankenhauskonzern hatte 2019 die Frankfurter Anwaltskanzlei Gleiss Lutz beauftragt, die Vorfälle aufzuklären. Dabei seien, wie es in einer Pressekonferenz im Februar 2020 hieß, „pflichtwidrige Entscheidungen“ des ehemaligen Hauptgeschäftsführers ab dem Jahr 2014 festgestellt worden. Er habe in mehreren Fällen das Vergaberecht ignoriert und Aufträge ohne Ausschreibung erteilt. Dadurch sei Regiomed ein „substanzieller Schaden“ entstanden. Der neue Regiomed-Hauptgeschäftsführer Alexander Schmidtke hatte das Zwischenergebnis der Ermittlungen damals als „erschreckend für alle Beteiligten“ bezeichnet.

Der Steuerzahlerbund weist jetzt, fast zwei Jahre später, darauf hin, dass Aufträge für Berater, Rechtsanwälte, Gutachter und Planer teilweise ohne Ausschreibung vergeben und dafür auch noch zum Teil überzogene Honorare gezahlt worden seien (die Neue Presse berichtete mehrfach). Zudem seien Leistungen nicht sachgerecht erbracht worden, heißt es im Schwarzbuch. „Um aus dem Dilemma herauszukommen, wurden ‚neue Strategien zur Umsetzung von Synergieeffekten bei konsequenter Weiterentwicklung des Verbundgedankens’ entwickelt. Die Bereitstellung von Kassenkrediten in Höhe von rund 30 Millionen Euro der an dem Klinikverbund beteiligten kommunalen Gebietskörperschaften sollte zudem verhindern, dass das Unternehmen in die Insolvenz abgleitet“, so der Bund der Steuerzahler.

Der Neubau der Zentralküche in Lichtenfels wird als „fragwürdiges“ Projekt bezeichnet. „Die Küche wurde viel zu groß und überdimensioniert ausgelegt“, so die Kritik. Dies schlage sich auch in den Baukosten von rund 21 Millionen Euro nieder. Die Auslastung der Zentralküche allein für Regiomed betrage aber nur 50 Prozent. Damit fährt die Zentralküche laut Bund der Steuerzahler einen jährlichen Verlust von rund zwei bis drei Millionen Euro ein. Auch dieses Projekt geht auf die alte Geschäftsführung zurück.

Zudem werden die Planungen für einen Seniorencampus auf dem ehemaligen Postgelände in der Hindenburgstraße in Coburg werden im Schwarzbuch erwähnt. „480 000 Euro wurden für eine Machbarkeitsstudie und Planungen, die nicht umgesetzt werden konnten, in den Sand gesetzt. Das Projekt muss komplett neu konzipiert und ausgeschrieben werden, was wiederum zusätzliche Kosten verursachen wird“, so der Bund der Steuerzahler (Neue Presse vom 25. August 2020).

Und zu guter Letzt habe Regiomed circa vier Millionen Euro für Planungen eines Gesundheitscampus auf dem Gelände des ehemaligen BGS-Geländes „verbraten“. Dort soll ein komplett neuer Krankenhauskomplex entstehen. Ohne sich vorab mit dem Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege über eine mögliche Finanzierung des rund 500 bis 750 Millionen Euro teuren Projekts abzustimmen, seien – ebenfalls von der alten Geschäftsführung – Planungs- und Beratungsaufträge vergeben worden, „noch dazu ohne ordnungsgemäße Ausschreibung“, so die Kritik. Als Ergebnis seien die Planungsleistungen nicht verwendbar, da sich nicht den Förderrichtlinien entsprechen. „Das dafür ausgegebene Geld in Höhe von rund vier Millionen Euro ist verloren“, so der Bund der Steuerzahler.

Die Planungen für den Krankenhausneubau wurden völlig neu erstellt und sind mit dem bayerischen Gesundheitsministerium abgestimmt worden. Es hat die Planungen für den Neubau grundsätzlich befürwortet. Noch im Dezember soll der Antrag zur Aufnahme in das bayerische Krankenhausprogramm gestellt werden (NP vom 20. Oktober).

Das verursachte neue Kosten. In wieweit damals beteiligte Geschäftsführer und andere Akteure für die Unregelmäßigkeiten belangt werden können, werde derzeit noch geprüft. „Gleich, wie am Ende die juristische Aufarbeitung ausfallen wird, zu guter Letzt werden die Steuerzahler die ‚Gelackmeierten’ sein, denn sie haben die vielen Millionen aufzufangen. Erlaubt muss aber auch die Frage sein, ob einzelne Beteiligte sachlich überfordert und gutgläubig oder gar blauäugig waren“, lautet das Fazit des Bund der Steuerzahler. Dieser Vorwurf zielt insbesondere auf die damals beteiligten Kommunalpolitiker im Aufsichtsrat des thüringisch-fränkischen Klinikverbunds aus den Städten und Landkreis Coburg, Lichtenfels, Hildburghausen und Sonneberg ab.

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