Eigener Inhalt Zu schön, um wahr zu sein

Susann Winkel

Die Welt ist schön auf den Bildschirmen von Smartphones. Das Gras ist grüner, das Meer blauer und die Haut reiner. Möglich machen das Fotofilter. Von einem Trend mit Tücken ...

 
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Sie heißen "1977" oder "Nashville", "Lo-Fi" oder "Earlybird" und sie haben alle dieselbe Aufgabe: Sie machen die Welt ein wenig schöner. Zumindest auf Instagram. Gleich 41 Filter stehen auf der Foto-Plattform zur Auswahl, um Bilder ohne Aufwand automatisch zu bearbeiten. Ein Klick genügt und schon erhält ein Foto einen nonchalanten Vintage-Look oder die Opulenz von Kinofilmen.

Das Tricksen mit Filtern ist beliebt, längst nicht nur auf Instagram. Es hat aber so seine Tücken. Denn verschönert werden neben den Aufnahmen von Landschaften oder Architektur insbesondere Porträts von Menschen. Eher noch harmlos ist das Weichzeichnen der Haut, bis Rötungen, Fältchen oder Sommersprossen verschwunden sind. Die digitale Mogelei kann aber noch viel weiter gehen – von vergrößerten Augen über verkleinerte Nasen bis zu verschlankten Gesichter.

Nun ist das Retuschieren und Optimieren von Fotos keineswegs etwas Neues. Bei jeder Porträtaufnahme im Fotostudio und bei jeder Bildstrecke in Magazinen wird seit eh und je nachgeholfen. Nur kamen diese Dienste von professionellen Fotografen und Grafikern früher eben nur bei verhältnismäßig wenigen Fotos zum Einsatz. Dass die Models auf Plakaten noch ein wenig schöner aussahen als in der Wirklichkeit, war gemeinhin bekannt.

Mittlerweile aber ist die Retusche beinahe zum Standard geworden. Plötzlich sehen auch Freunde, Bekannte und Kollegen unverschämt gut aus auf jedem noch so flüchtig fotografierten Selfie, das sie auf Facebook und Co. teilen. Das verzerrt den Blick auf die Realität und es macht unzufrieden.

Erste wissenschaftliche Untersuchungen zum Einsatz von Fotofiltern bestätigen diesen Eindruck. "Die bearbeiteten Bilder in den sozialen Medien verändern weltweit, wie wir Schönheit wahrnehmen", schreiben Dermatologinnen der Boston University in ihrer Studie "Selfies – Living in the Era of Filtered Photo-
graphs".

Gingen Patienten zuvor mit Fotos von Stars zu Schönheitschirurgen, zeigen sie heute ihre eigenen gefilterten und retuschierten Bilder als Wunschvorlage. Immer häufiger ist es auch Ziel von Schönheitsoperationen, das Aussehen auf Selfies zu verbessern. Wurden früher oft die gebuckelten Rücken von Nasen korrigiert, die vor allem im Profil gut zu sehen sind, wird heute zunehmend Wert auf eine verbesserte Symmetrie der Nase von vorn gelegt.

Für das Phänomen, dass insbesondere junge Menschen unter der künstlich geschaffenen digitalen Schönheit leiden, gibt es bereits einen eigenen Namen: "Snapchat Dysmorphophobie", nach dem sozialen Netzwerk Snapchat. Gemeint ist die Ablehnung des eigenen Körpers, weil der im echten Leben eben nicht so gut aussieht wie auf den gefilterten Fotos.

Wie selbstverständlich der Einsatz von Beauty-Filtern bereits ist, zeigt das Beispiel Samsung. Der Smartphone-Hersteller bietet eine Kamera-App mit Beauty-Face-Modus an, durch den Porträtfotos nach gängigen westlichen Schönheitsidealen optimiert werden. Was diesen nicht entspricht, wird automatisch korrigiert – ähnlich wie ein Textfehler mittels einer automatischen Rechtschreibkontrolle.

Während aber ein falsch gesetztes Komma meist eine recht eindeutige Angelegenheit ist, wird es bei der Beurteilung von Schönheit komplizierter und subjektiver. Der eine mag in Sommersprossen einen Makel der Haut sehen, der andere findet sie schlicht charmant. Besonders problematisch wird es, wenn die westlich geprägten Beauty-Filter von Menschen aus anderen Kulturkreisen verwendet werden. Hier wird das Ausgangsfoto besonders stark und stereotyp verändert.

Hin und wieder sorgt das Filtern aber auch für Erheiterung. So musste die US-Serienschauspielerin Laverne Cox richtigstellen, dass sie ihre Nase nicht operieren ließ – ein Snapchat-Filter hatte sie nur auffällig schmal gemacht. Hohn erhielt auch First Lady Melania Trump, deren offizielles Porträtfoto bis zu einem maskenartigen Ergebnis retuschiert wurde, ganz so wie viele Bilder auf Instagram oder Snapchat. Manchmal ist die wirkliche Welt eben doch die schönere.

So! ist das also Digitale Filter
Bildbearbeitung ist heute dank digitaler Filter auch für Laien möglich. Die Software-Anwendungen optimieren Fotografien, verfremden sie oder versehen sie mit einem originellen Effekt. Das ist in der nachträglichen Bearbeitung von Bildern möglich, aber auch gleich bei der Aufnahme. So lässt sich beispielsweise bei der Kamera-App des iPhones einstellen, ob ein Foto strahlend oder mit dramatischem Effekt aufgenommen wird. Filter verändern Farbe, Schärfe oder Kontrast. Sie können Farbaufnahmen in monochrome Bilder konvertieren, Schattenpartien aufhellen oder Bildern eine bestimmte Anmutung geben, zum Beispiel einen Retro-Look.


Fotos, Grafiken: AdobeStock

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