Der Start in die neue Woche fällt alles andere als berauschend aus. Es ist acht Uhr morgens und ich liege auf einem Zahnarztstuhl. Besser gesagt, ich klammere mich dort fest. Meine Muskelspannung entspricht in etwa der eines Bodybuilders, der sich gerade für den Weltmeistertitel in Pose wirft. Eigentlich würde ich ja lieber davonlaufen oder zumindest die Zähne zusammenbeißen, aber die freundliche Dame mit dem Mundschutz im Raum sagt genau das Gegenteil.

Also öffne ich wortlos das, was man normalerweise halten soll, und lasse mir mal wieder seit einer halben Stunde meine Beißerchen auf Hochglanz polieren. Krampfhaft versuche ich an etwas Schönes zu denken. Mir fällt spontan unser Haus ein. Vergangenes Jahr ließen wir den Sockel abstrahlen. Hiermit möchte ich mich dafür noch nachträglich bei ihm entschuldigen. Nein, Zahnarztbesuche gehören nun einmal nicht zu jenen Terminen, auf die ich mich freue. Das war schon immer so und wird sich wohl auch nie ändern. Meine beiden Töchter hingegen lieben sie. Das liegt zum einen daran, dass sie bislang den Bohrer nur vom Hörensagen kennen, und zum anderen, dass sie nach jedem Besuch in die Krimskrams-Geschenkekiste der Praxis greifen dürfen.

Ich bekomme nie etwas. Außer der Auflage, in der nächsten halben Stunde nichts zu trinken und zu essen, und einer Rechnung, die ich als Kassenpatient zumindest zum Großteil selbst zahlen muss. Das Leben ist ungerecht. Während ich ausspülen darf, beschließe ich, das zu ändern. Am Abend schmücken zwanzig gelbe Tulpen unseren Esszimmertisch. Meine Töchter bestaunen die bunten Frühlingsboten in der Vase: "Mama, woher hast du die denn? Du hast doch noch gar keinen Geburtstag!" Inzwischen hat sich die Kiefersperre gelöst. Also antworte ich stolz: "Ich war beim Zahnarzt!" Meine Jüngste tätschelt mir die Hand. "Da musst du aber sehr tapfer gewesen sein, Mama. So groß wie der Blumenstrauß ist. Aber vielleicht solltest du ab jetzt doch deine Zähne besser putzen?!"