Auf diesem System baut auch die neue Architektur e4 auf. Kleiner aber feiner Unterschied: Auch an der Vorderachse arbeitet hier ein reiner E-Motor. Wie stark der sein soll und wie genau das Zusammenspiel mit hinten, können die Kunden wählen. "Unser technischer Vorsprung ist die Regelgenauigkeit der Kupplungen", sagt Anton Mayer, Senior Vice President bei Magna Powertrain. Aktuell laufen im schwedischen Arjeplog die Testfahrten. Dort, nahe am Polarkreis können interessierte Autobauer bei 15 Grad minus erfahren, wie feinfühlig das System arbeitet.
Der Kniff an dieser Art "Torque Vectoring": Wo viele andere für besseres Einlenken das kurveninnere Rad bremsen, leiten die Kanadier um. Wäre doch schade, das zuvor mühsam erzeugte Drehmoment in schnöde Wärme zu verwandeln. Zehn Mal in der Zeit eines Wimpernschlages berechnet ein Steuergerät aus allerlei Fahrdaten die sinnreiche Verteilung zwischen den Rädern. Bis hin zur einseitigen Vollpackung. Das einzige, was man hinter dem Lenkrad spürt, ist das gelungene Ergebnis. Selten durfte man sich selbst bei extremer Querfahrt derart sicher fühlen.
Die schnellen Kurven auf verschneitem Eis sind aber weniger Spaß als ein Ausflug in die Zukunft. Als
Serien-Start des Systems gilt der September 2023. Bis 2025 können dann die Magna-Kunden ihrerseits ausliefern. Der Zeitpunkt ist kein Zufall. In dem Jahr greift die nächste Stufe der europäischen Grenzwert-Verschärfung bei CO2. Wer als großer Hersteller keine Strafe zahlen will, muss gerüstet sein.
Auf 25 Prozent beziffert Mayer den Reichweiten-Gewinn eines künftigen E-Autos allein
durch Optimierung. Bei einer Fahrt vom europäischen Magna-Sitz in Wien Richtung Süden macht das den Unterschied zwischen Udine und Venedig. Potenzial, sagt er, gibt es noch an sehr vielen Stellen.
Knapp die Hälfte dieser Verbesserung schlummert in der Energiedichte der Batterie, der Rest entfällt auf Faktoren am Auto wie Leichtbau, Aerodynamik oder spezielle Reifen; auf eine intelligente Betriebsstrategie durch Navi-Daten oder Car2X-Informationen – aber eben auch durch Verbesserungen am Elektroantrieb durch modernere Wicklungen bei den Motoren, kluge Software, genaueres Temperatur-Management und mehr Möglichkeiten, im rollenden Betrieb den Antrieb zu entkoppeln.
Das ist Arbeit an vielen Fronten. Doch genau da sieht Mayer die Stärken von Magna. "Wir haben Knowhow über das komplette Auto", sagt er nicht ohne Stolz. Und auch wenn Walter Röhrl kein großer Freund technischer Eingriffe ist – an e4 hätte womöglich sogar er seine Freude.