Doch die Unternehmen investierten viel: in modernere Fahrzeuge, neue Technologien, bessere Services für Kundinnen und Kunden. "Wir sind keine Eintagsfliege", sagt Jung.
Allmähliches Umdenken in Kommunen
Darauf müssten sich auch Städte und Kommunen einstellen. Zwar gebe es dort mehrheitlich allmählich ein Umdenken und eine größere Kooperationsbereitschaft bei Verwaltungen. Doch nach wie vor herrscht in vielen Gemeinden eine große Skepsis bis hin zur Ablehnung, was E-Scooter angeht.
Zuletzt hatte die nordrhein-westfälische Stadt Gelsenkirchen die Sondernutzungserlaubnis für die Anbieter an eine verpflichtende Identitätsprüfung der Nutzerinnen und Nutzer gekoppelt, um Missbrauch und Fehlverhalten besser verfolgen zu können.
Die beiden dort tätigen Unternehmen, Bolt und Tier, stellten daraufhin den Dienst ein und klagten gegen die Maßnahme. Ein grundsätzliches Verbot wie in Paris gibt es in Gelsenkirchen nicht und zeichnet sich auch in anderen deutschen Städten bisher nicht ab.
Jung: Neuaufteilung des Straßenraums nötig
Ein Grund für die Skepsis, die auch viele andere Verkehrsteilnehmer teilen, ist der Umgang mit E-Scootern durch Fahrerinnen und Fahrer. Achtlos abgestellte Fahrzeuge auf Gehwegen oder vor Einfahrten sowie über Bürgersteige rasende Jugendliche gehören nach wie vor zum Alltag.
Viele dieser Probleme ließen sich aus Sicht von Jung über eine Neuaufteilung des Straßenraums in den Griff bekommen: "Je besser die Infrastruktur, desto weniger Probleme gibt es auch mit Verstößen während der Fahrt." Dort, wo Tempo 50 herrsche und kein Radstreifen zur Verfügung stehe, wichen E-Scooter, aber auch Radfahrer eher auf den Gehweg aus.
Das gelte auch für das Thema Parken. Prinzipiell seien mehr Abstellflächen für die Scooter nötig. Diese müssten vor allem auf der Straße entstehen - und dafür Autostellplätze umgewidmet werden.
Umweltnutzen umstritten
Umwelttechnisch spielen E-Scooter bei der Verkehrswende aus Jungs Sicht weiterhin eine wichtige Rolle, auch wenn dies Untersuchungen etwa des Umweltbundesamtes bezweifeln. Diesen Studien zufolge sind E-Scooter nur eine Alternative zum Fußverkehr und ersetzen nicht in großem Umfang Autofahrten.
Aus Sicht von Jung bilden diese Analysen einen veralteten Stand ab. Selbst wenn sie nur wenige Autofahrten ersetzen, sparten E-Scooter schon dann mehr CO2 ein, als sie zusätzlich etwa durch Herstellung und Entsorgung verursachten, wenn sie als Ersatz für den Fußverkehr verwendet werden. Zudem wirkten E-Scooter intermodal, also als Zubringer für den öffentlichen Personennahverkehr: "Ihr verkehrlicher Nutzen ist längst erwiesen."
Das Deutsche Institut für Urbanistik kam gemeinsam mit anderen Forschungsinstituten im Rahmen eines Verkehrsprojekts 2022 zu dem Schluss, dass die Emissionswirkung der Tretroller in etwa bei null liege, also weder Emissionen durch sie eingespart würden, noch zusätzliche anfielen.