Von einer Aufnahme der Ukraine in die Europäische Union rät die Politikwissenschaftlerin aufgrund der unzureichend entwickelten Demokratie und der hohen Korruption im Land eindeutig ab. Als besonders konfliktträchtig sieht Wiesner das soziale Krisenpotenzial, das aktuell in der Bundesrepublik durch steigende Preise entsteht. „Es ist von Seiten der Regierungsverantwortlichen sehr kurzsichtig gedacht zu sagen: Ihr müsst jetzt alle sparen und im Winter frieren!“
Berthold Dücker kritisierte vor allen Dingen das Halbwissen, welches von Medien derzeit verbreitet werde: „Einmal ist die Ukraine kurz vor dem Gewinnen, dann hören wir, dass Russland gar nicht verlieren kann, dann wird Putin für schwer krank erklärt und einige Tage später erfährt man, dass er sich angeblich bester Gesundheit erfreut“, so Dücker. Das alles führe zu einer Verwirrung, sodass die Menschen zum Schluss überhaupt nicht mehr wissen, wem sie glauben sollen. Matthias Klemm sprach von einer Aufladung der Debatte: „Sie ist mittlerweile ein Streit zwischen Fakten sowie Meinungen, Emotionen und persönlichen Erfahrungen.“ „Wir müssen jetzt diskutieren, kanalisieren und festgezurrte Positionen aufweichen“, betonte Christine Domke: „18-Jährige haben Angst vor dem Krieg und 80-Jährige kennen den Krieg und dadurch entstehen unterschiedliche Positionen.“ Dass die unterschiedlichen Positionen in den unterschiedlichen Biografien liegen, das bestätigte auch ein weiterer Diskussionsteilnehmer. Auf die Frage, warum so viele Russen hinter Putin stehen, entgegnete Claudia Wiesner: „Es gibt einfach das Phänomen, dass Menschen Autokraten stützen. Die Menschen sind nicht per se Demokraten.“ Ganz zum Schluss des Gespräches blieb jedoch weiterhin die Frage offen: Wie kommen wir aus diesem Krieg wieder heraus? Moderatorin Christiane Kuller regte dazu an, bei einem weiteren Geisa-Gespräch im Herbst dieses Jahres das Thema wieder aufzugreifen.