Die Psyche leidet Kita-Personal am Limit

Anica Trommer
Damit die Kinder unbeschwert spielen und lachen können, geben die Erzieher in den städtischen Kindertagesstätten – wie hier in der Sommerau – ihr Bestes. Doch nach knapp zweijähriger Corona-Pandemie fehlt ihnen inzwischen immer öfter die Kraft. Foto: Michael Bauroth

Knapp zwei Jahre Pandemie liegen hinter den Erziehern in den Zella-Mehliser Kindergärten. Nach den Monaten der Notbetreuung sind die Kinder fast komplett zurückgekehrt in die Einrichtungen. Dafür fällt nun das Personal immer häufiger aus.

 
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Zella-Mehlis - Das unbeschwerte Lachen der Kinder ist es, das die Erzieher der städtischen Kindergärten jeden Morgen zur Arbeit treibt. Sie versuchen den Jungen und Mädchen in den Einrichtungen einen möglichst normalen Alltag zu bieten – trotz zahlreicher Corona-Beschränkungen . „Wir befinden uns in Warnstufe drei: Das bedeutet nach wie vor feste Gruppen und kein wechselndes Personal“, gab Annika Ansorg, Fachbereichsleiterin für Soziales, Sport und Freizeit, in der jüngsten Stadtratssitzung einen Einblick in die derzeitige Situation in den drei städtischen Kitas.

Vor der Pandemie seien die Kindergärten zu 92 Prozent ausgelastet gewesen. In der Notbetreuung waren noch 33 Prozent der Kinder von Eltern aus systemrelevanten Berufen in der Betreuung. „Inzwischen sind fast alle Kinder zurückgekehrt in die Einrichtungen, die damit wieder fast ausgelastet sind“, sagte sie.

Dramatische Entwicklung

Dramatisch haben sich die Zahlen beim Personal entwickelt. 62 Beschäftigte wurden vor der Pandemie gezählt, in den Monaten der Notbetreuung waren 53 Mitarbeiter vor Ort. Inzwischen stehen noch 37 Fachkräfte zur Verfügung, um die Kindergartenkinder zu betreuen, schilderte Annika Ansorg.

Am Beispiel des Benshäuser Kindergartens Sandhasenneset machte es die Stadtverwaltungsmitarbeiterin konkret: 96 Kinder gingen dort bis März 2020 in die Einrichtung. Sie wurden von 15 Erziehern betreut. 40 Steppkes durften die Kita in den Monaten besuchen, in denen das Land im Lockdown war. In dieser Zeit waren zwölf Mitarbeiter vor Ort. Inzwischen sind es noch sieben – bei 90 Kindergartenkindern.

Die Psyche leidet

„Das Personal ist am Limit“, brachte es Annika Ansorg auf den Punkt. Dabei sei es nicht das Corona-Virus, dass den hohen Krankenstand verursache. Fehlende Erholungszeiten und Stress führten dazu, dass die Erzieher reihenweise ausfielen. Vor allem die Psyche des Betreuungspersonals leide unter der derzeitigen Situation, sagte sie.

Durch das Fehlen der Erzieher könne weder ein Früh- noch ein Spätdienst abgedeckt werden. Das heißt, die Betreuungszeiten verkürzten sich, in einigen Gruppen massiver als in anderen. „Dann entsteht für die Eltern eine Stresssituation“, schilderte die Stadtverwaltungsmitarbeiterin. Denn sie müssten sich dann gegenüber ihrem Arbeitgeber rechtfertigen. „Da entstehen Ängste in den Familien. Bei einigen geht es sogar um die finanzielle Existenz“, sagte Annika Ansorg und betonte, dass sich die Pandemie zu vielen Kettenreaktionen führe.

„Ich ziehe den Hut vor allen, die in dieser Situation noch nicht aufgegeben haben“, sagte sie in Richtung Kindergartenleitung. Sie bewundere die Teams, die trotz aller Probleme versuchten, den Kindern das Gefühl zu geben, dass alles gut sei.

Zurück zur Schließzeit?

Ob es sinnvoll ist, im kommenden Sommer wieder Schließzeiten einzuführen und so dafür zu sorgen, dass die Erzieher in den Einrichtungen etwas Ruhe fänden und Liegengebliebenes erledigen könnten, wollte Stadträtin Cornelia Köster (Freie Wähler) wissen. „Das ist nicht mehr zeitgemäß und auch nicht nötig“, antwortete Annika Ansorg. Das Personal könne im laufenden Kindergartenjahr seinen Urlaub nehmen. Über die Sommermonate hinweg sehen sowieso weniger Kinder in den Tagesstätten untergebracht. „Das Team jeder Einrichtung fragt bei den Eltern gezielt den Bedarf ab und kann daraufhin den Dienstplan aufstellen“, schilderte sie.

Wie viele Gruppen wegen Corona geschlossen werden mussten, wollte Thomas Bischof (Freie Wähler) wissen. Im Oktober seien es zehn Gruppen gewesen, die zeitweise komplett zu Hause bleiben mussten, informierte Annika Ansorg.

Um den Kindergartenalltag mit all den Beschränkungen besser meistern zu können, nutzten Erzieher und Kita-Leiterinnen auch die Angebote, die ihnen der Kita-Fachberater des Landratsamtes Schmalkalden-Meiningen unterbreite, antwortete Annika Ansorg auf die Frage von Marco Bader (CDU) nach eben solchen Lehrgängen oder Schulungen. „Diese Weiterbildungen haben mal die Seelsorge zum Inhalt, mal geht es darum zu lernen, sich in Stresssituationen richtig zu erhalten“, nannte die Fachbereichsleiterin Beispiele.

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