Thüringer Flüchtlingsgipfel Suhl mit Ex-SPD-Chef gegen die Landesregierung

EAE-Leiter Alexander Theus (links) mit dem damaligen Migrationsminister Dirk Adams (Grüne) kurz vor Weihnachten vor dem zentralen Thüringer Flüchtlingsaufnahmeheim in Suhl Foto: dpa/Michael Reichel

Der Suhler Oberbürgermeister André Knapp stößt eine politische Kampagne gegen die aus seiner Sicht verfehlte Migrationspolitik der Landesregierung an. Dabei holt er sich Unterstützung aus Kiel und dem Saarland – und von einem früheren SPD-Vorsitzenden und Innenminister Thüringens. Ende Februar ruft Suhl zu einem Thüringer Flüchtlingsgipfel.

 
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Mit einem „kommunalen Thüringer Flüchtlingsforum“ will der Suhler Oberbürgermeister André Knapp Druck auf die Flüchtlingspolitik der Landesregierung ausüben. Nach dem Amtsantritt der neuen Migrationsministerin Doreen Denstädt (Grüne) müsse die Landesregierung nun endlich selbst mehr Aufnahmekapazitäten für Geflüchtete schaffen und die versprochene Entlastung der Kreise und Städte bei der Unterbringung umsetzen, sagte der CDU-Politiker am Freitag vor Journalisten in Suhl. „Wir sind nicht vor, sondern hinter der Lage, und die Welle droht über uns zusammenzubrechen“, sagte Knapp mit Blick auf den unveränderten Zustrom von Schutzsuchenden aus der Ukraine und der andauernden Überbelegung der zentralen Erstaufnahme des Landes (EAE) in Suhl.

„Wir sind Stand heute handlungsunfähig, es ist eigentlich schon fünf nach Zwölf“, ergänzte Knapp, „und wir brauchen finanzielle Mittel.“ Alle Ankündigungen und Versprechen des bisherigen Migrationsministers Dirk Adams, den Kommunen unter die Arme zu greifen und eine Überfüllung der EAE zu verhindern seien unerfüllt geblieben, „Das ist alles grandios gescheitert. “ Daher sei es nun an der Zeit, mit den Forderungen in die öffentliche Offensive zu gehen.

Der inzwischen abgelöste Minister Adams hatte vor Weihnachten zugesagt, durch die Schaffung von Puffern und Ausweichplätzen in anderen Häusern die Suhler Erstaufnahme auf die Normalkapazität von 600 bis 800 Bewohnern herunterzufahren. Tatsächlich sind aber derzeit immer noch rund 1100 Plätze belegt. Da einerseits weiter Flüchtlinge ankommen, andererseits die Kreise keinen Wohnraum mehr zur Verfügung hätten, steige sowohl die Bewohnerzahl als auch die Aufenthaltsdauer in der Suhler EAE, was nach Knapps Ansicht dort zu massiven Problemen führt, Die Kommunen streiten sich außerdem seit Monaten mit dem Ministerium über verlässliche Finanzzusagen für neu bereitzustellende Wohnungen, insbesondere für Ukrainer. Sowohl bei der Erstaufnahme als auch bei der anschließenden dezentralen Unterbringung sehen sich die Kommunen vom Land alleine gelassen, weshalb nun der Druck erhöht werden soll.

André Knapp (CDU), Suhler Oberbürgermeister. Foto: arifoto@t-online.de

An seine Seite hat sich der CDU-Politiker Knapp den einstigen Thüringer Innenminister und SPD-Chef Richard Dewes geholt. Der aus dem Saarland stammende Rechtsanwalt berät die Stadt Suhl bereits seit Längerem im juristischen Umgang mit der Landesverwaltung. Der 74-Jährige soll das „Flüchtlingsforum“ am 27. Februar in Suhl moderieren und greift nun auch politisch in die Debatte ein. Eingeladen ist dazu neben Migrationsministerin Denstädt und Vertretern der Thüringer Kommunen auch Dewes’ Parteivorsitzenden- und Ministernachfolger Georg Maier (SPD). Als Redner treten auch Vertreter der CDU-geführten Landesverwaltung in Schleswig-Holstein und aus Dewes’ SPD-regiertem Heimatland Saarland auf.

Richard Dewes (SPD), einst SPD-Landeschef und Innenminister, heute Rechtsanwalt und Politikberater. Foto: dpa-Zentralbild

In diesen beiden Bundesländern nehme man nicht nur in Relation zur Einwohnerzahl weniger Flüchtlinge auf. Man halte dort auch wesentlich größere Kapazitäten in den Erstaufnahmeheimen vor und man unterstütze die Städte und Landkreise tatkräftig bei der Unterbringung der Menschen, etwa durch langfristige Planungen, wer wo unterkommen müsse, betonten Knapp und Dewes am Freitag. Für Thüringen bedeute das: „Wir brauchen 3000 bis 4000 zusätzliche Erstaufnahmeplätze und finanzielle Sicherheiten für neu zu schaffenden Wohnraum.“ Der Freistaat sei gesetzlich verpflichtet, den Kommunen alle Ausgaben zu erstatten, tue das aber bis heute nicht.

Am Ende des Forums soll nach den Vorstellungen Knapps und Dewes’ eine „Suhler Erklärung zur Lage der Flüchtlingspolitik in Thüringen“ verabschiedet werden. Dewes sagte, es gehe auch um die gesellschaftliche Akzeptanz der Migrationspolitik. „Je mehr Turnhallen den Bürgern für die Flüchtlingsunterbringung entzogen werden, desto mehr Unmut entsteht“, sagte er. „Die Hütte brennt lichterloh. Björn Höcke kann jeden Abend eine Flasche Sekt aufmachen.“

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