Diamantener Meisterbrief Bratwürste lagern kühl im Bierkeller

Seit 60 Jahren darf sich Martin Erk Fleischermeister nennen. Der gebürtige Rentwertshäuser hat fast sein gesamtes Leben in Benshausen verbracht. Hier hat er den Goldenen Hirsch und eine Fleischerei geführt. Foto: Michael Bauroth

Vor 60 Jahren bekam Martin Erk aus Benshausen seinen Meisterbrief ausgestellt. In seinem bewegten Berufsleben lief nicht immer alles glatt. Bereut hat der Fleischer in all den Jahren dennoch nichts.

 
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Benshausen - Ursprünglich wollte er auf einem Schiff als Koch arbeiten. Dann ist es doch der Fleischerberuf geworden, dem er mit großer Leidenschaft bis zur Rente nachging. Martin Erk hat seinen Meisterbrief seit 60 Jahren, zum diamanten Jubiläum wurde er dafür von der Handwerkskammer Südthüringen geehrt.

„Eigentlich durfte ich das damals gar nicht beginnen“, blickt er auf das Jahr 1958 zurück. Er, gerade die abgeschlossene Gesellenprüfung in der Tasche, wollte bei seinem damaligen Arbeitgeber, der Fleischerei Lusky in Suhl, direkt seine Meisterausbildung anhängen. In der Regel mussten Meisteranwärter zunächst mindestens drei Jahre als Gesellen arbeiten, bevor sie mit der Weiterbildung beginnen konnten. Bei Martin Erk wurde allerdings eine Ausnahme gemacht. „So war ich 1961 der jüngste Handwerksmeister in ganz Suhl“, erzählt der 80-Jährige stolz.

Aus Nein wird Ja

Seine Kindheit verbringt der Fleischermeister in Rentwertshausen, seine Eltern besitzen dort eine Gaststätte. Die Mutter von Martin Erk stammt jedoch aus Benshausen. Mit 15 Jahren beginnt er im Ort seine Lehre, sein Onkel war sein Chef. Der wird kurze Zeit später in die Produktionsgenossenschaft des Handwerks (PGH) eingezogen, sodass der Geselle seine Lehre in Suhl beim Fleischer Lusky fortsetzen muss.

Schon nach wenigen Jahren zieht es Martin Erk zurück nach Benshausen, der ehemalige Betrieb seines Onkels steht leer. Doch die DDR-Führung entscheidet, im Ort wird kein weiterer Fleischer benötigt. Der Dorfladen Klett, den die Fleischerei Lusky beliefert, reiche vollkommen aus. Doch kurz darauf wendet sich das Blatt. „Die Leute, die mir verboten haben, mein Geschäft zu eröffnen, habe mich schon kurz darauf angefleht“, sagt Martin Erk lachend.

1965 eröffnet sein eigenes Geschäft, die Maschinen kann er für vergleichsweise günstige 20 000 Mark kaufen. Seine Cousine, die die direkt an die Fleischerei angrenzende Gaststätte Goldner Hirsch betreibt, gewährt ihm einen Kredit. Das geliehene Geld kann der Fleischer schnell zurückbezahlen, denn die Geschäfte laufen gut.

Zu einer Handwerkermesse ins hessische Mörfelden reist er beispielsweise mit 2500 Bratwürsten im Gepäck an. Dort ist er für das leibliche Wohl der Besucher zuständig. Was Martin Erk da noch nicht ahnt, der Kühlraum ist viel zu klein für die mitgebrachte Menge des thüringischen Kulturguts. Kurzerhand wird ein Bierkeller zum Kühlen der Würste umfunktioniert. „Ich bekam schon etwas Panik, dass ich zu viele Würste mitgebracht habe“, erinnert sich der Fleischer. Doch am Ende wurde auch die letzte Wurst verzehrt. Nur von den abgezählten Brötchen bleibt etwas übrig. Ebenfalls 2500 Bratwürste liefert er jahrelang an eine Bratwurstbude nach Stützerbach.

Nächstes Jubiläum

Den Goldenen Hirsch kauft er 1990 zusammen mit seiner Frau Heidemarie von der Gemeinde ab. Die Fleischerei führt er bis zu seinem Renteneintritt 2003, die Gaststätte ist noch geöffnet. Für die Handwerkskammer war er jahrzehntelang als Vorsitzender der Prüfungskommission aktiv.

Der Jubilar wünscht sich heute sehnlichst, dass sich jemand findet, der die leer stehenden Räume seiner Fleischerei wieder mit Leben füllt.

Bereut habe er in all den Jahren seiner beruflichen Karriere überhaupt nichts. „Man macht natürlich auch Fehler. Aber ich war immer Fleischer aus Leidenschaft“, erklärt er.

Zum Schluss gibt er noch eine weitere Anekdote preis. „In der DDR habe ich 17 Jahre auf eine Mengmaschine gewartet. Als sie endlich kam, war sie nicht mehr zulässig“, schmunzelt Martin Erk über vergangene Zeiten.

Im nächsten Jahr steht übrigens ein weiteres diamantenes Jubiläum für ihn an, diesmal zusammen mit seiner Frau. An Weihnachten jährt sich ihr Hochzeitstag zum 60. Mal.

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