Als am Sonntagnachmittag die Unesco-Entscheidung in Riad fiel, brach im weit entfernten Erfurt großer Jubel aus, einige hatten vor Freude Tränen in den Augen. Oberbürgermeister Andreas Bausewein (SPD) hatte die Sitzung des zuständigen Unesco-Komitees in Saudi-Arabiens Hauptstadt Riad gemeinsam mit rund 200 Gästen im Festsaal des Rathauses live auf zwei Monitoren verfolgt. Er sah in der Entscheidung der Unesco die Krönung einer jahrelangen, akribischen Vorbereitung. "Jetzt, da Erfurt mit dem Welterbetitel geadelt wurde, müssen und werden wir diesen Schatz hüten und wahren wie unseren Augapfel."
Vor zwei Jahren hatte die Unesco erstmals jüdisches Kulturgut in Deutschland ausgezeichnet. Die sogenannten Schum-Stätten in Mainz, Worms und Speyer erhielten damals als eine Wiege des europäischen Judentums den Welterbe-Titel. In Erfurt war rund 15 Jahre lang an der Bewerbung um eine Anerkennung als Weltkulturerbe gearbeitet worden.
Die Alte Synagoge gilt heute als eine der ältesten erhaltenen in Europa. Ihre Geschichte lässt sich bis ins späte 11. Jahrhundert zurückverfolgen. Nach einem verheerenden Pogrom im Jahr 1349 wurde das Gotteshaus zuerst als Lager, später als Gastwirtschaft genutzt und überdauerte so die Jahrhunderte, bis es 1988 wiederentdeckt wurde.
Heute befindet sich in der Alten Synagoge, deren älteste Bauspuren um 1094 datiert werden, ein Museum. Ausgestellt sind dort Zeugnisse des jüdischen Lebens im mittelalterlichen Erfurt. Dazu gehören mehrere Tausend Silbermünzen und -barren sowie Gold- und Silberschmiedearbeiten aus dem 13. und 14. Jahrhundert. Als bedeutendstes Stück gilt ein goldener Hochzeitsring.
Auch die Erfurter Mikwe war lange in Vergessenheit geraten. Ihre älteste Mauer stammt vom Anfang des 12. Jahrhunderts. Als 1452 die zweite jüdische Gemeinde vertrieben wurde, die nach dem Erfurter Pogrom in der Stadt Fuß gefasst hatte, schüttete man das Wasserbecken zu und nutzte das Ritualbad als Keller. Nur einem Zufall war es zu verdanken, dass die Mikwe 2007 wieder zum Vorschein kam.
Mit dem Steinernen Haus gehört auch ein Profanbau zum neugekürten Welterbe. Dass in dem um 1200 errichteten Gebäude eine jüdische Familie wohnte, ist nicht an der Architektur zu erkennen, lässt sich aber den mittelalterlichen Steuerlisten entnehmen.