Es war mitten in der Adventszeit 2021. Die Lichter des Weihnachtsbaumes spiegelten sich auf dem nassen Pflaster des abendlichen Meininger Marktplatzes. Immer mehr Menschen kamen zusammen und liefen schließlich durch die Innenstadt. Sie nannten sich nicht Demonstranten, sondern Spaziergänger. Demonstrationen waren wegen Corona und der Ansteckungsgefahr durch das sich schnell verbreitende Virus untersagt, Versammlungen nur bei geringer Personenanzahl gestattet. Rund 400 Menschen liefen an diesem Tag Mitte Dezember im stillen Protest durch Meiningen. Bekannte Gesichter waren darunter: Der Café-Betreiber und der Immobilienmakler, die Hausfrau, die Laborantin und die Krankenschwester, der Autoverkäufer und der freiberufliche Musiker. Wer mit ihnen sprach, merkte schnell: Hier begehren Menschen auf, die das Vertrauen in die Politik verloren haben, denen die Verordnungen und Einschränkungen zu weit gehen. Die sich ausgegrenzt und verunglimpft fühlen und empört sind, als „Aluhutträger“, „Schwurbler“, „Covidiot“ oder gar „Nazi“ beschimpft zu werden.