Verteidigung: Nicht klar, dass der Angeklagte der Schütze war
Die Verteidigerin des Ex-Stasi-Mitarbeiters mahnte in ihrem Plädoyer, Recherchen von Historikern reichten nicht aus für eine rechtliche Bewertung. "Historiker sprechen nicht Recht im Namen des Volkes", betonte Andrea Liebscher. "Ich denke, dass man alles, was nach 50 Jahren noch herauszufinden war, auch herausgefunden hat."
Danach sei nicht ausreichend sichergestellt, dass ihr Mandant der Schütze gewesen sei. Zudem sei sie überzeugt, dass es sich um Totschlag und nicht Mord handele. Das Opfer habe angesichts seiner zuvor inszenierten Bombendrohung nicht arglos sein können.
Auszeichnung mit "Kampforden" führte auf die Spur
Der Vorsitzende Richter Bernd Miczajka hatte zu Prozessbeginn deutlich gemacht, wo die Schwierigkeit rund 50 Jahre nach der Tat liegt: "Vieles wird auf der Bewertung von Urkunden beruhen." Das Gericht müsse sich ein Bild davon machen, wie verlässlich diese seien. Es ging vor allem um den Vorschlag zur Auszeichnung mit dem "Kampforden" nach der Tat.
Mehrfach in den vergangenen gut sechs Monaten forderte die Kammer vom Stasi-Unterlagen-Archiv Skizzen oder Schriftstücke an. Eine Sachverständige für Geschichtswissenschaften wurde als Zeugin gehört. Doch es blieben viele Fragen. Auch, weil mögliche Zeugen nicht mehr befragt werden konnten. Sie sind inzwischen tot.
Dankbarkeit von Angehörigen
Aus Sicht der Verteidigung hat sich das Gericht jedoch nach Kräften bemüht, mit den zur Verfügung stehenden Mitteln den Fall aufzuklären. Und auch die Angehörigen des Opfers, die im Verfahren als Nebenkläger auftreten, zeigten sich zufrieden.
Es sei ihren Mandanten nie um eine bestimmte Strafe oder Rache gegangen, betonten die Anwälte der drei Kinder - eine Tochter und zwei Söhne - sowie einer Schwester des getöteten Polen. "Man wollte einfach nur ein Urteil", so Anwalt Rajmund Niwinski. "Die Nebenkläger sind dem Gericht, dem deutschen Staat dankbar, dass es dieses Verfahren gab."