Nostalgie Lübecker Eisenbahnfans im Dampflokwerk

Ein ganz besonderer Dampf-Sonderzug brachte am Samstag 650 Gäste aus Lübeck nach Meiningen. Auch ein Besuch im Dampflokwerk stand an.

 
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Meiningen - Die Entscheidung des Thüringer Infrastrukturministeriums, ab 2022 Nostalgiefahrten mit Dampfzügen nicht mehr zu unterstützen, wurde am Samstag ad absurdum geführt. Wie riesig das touristische Potenzial solcher Angebote ist, zeigte ein Sonderzug, der sich am Samstag um 4 Uhr ab Lübeck über Hamburg auf den Weg nach Meiningen machte.

In elf historischen Reisezugwagen gelangten so 650 Bahnfans nach Meiningen. Auch wenn diese mit einer guten halben Stunde Verspätung auf Gleis 2 des Meininger Bahnhofs ausstiegen, war allen die Freude über die besondere Reise und das nicht minder besondere Ziel ihres Ausfluges anzusehen. Einige Busse brachten gut 100 Personen ins Erlebnisbergwerk nach Merkers. Mit über 500 von ihnen wollte der Großteil allerdings das Dampflokwerk besichtigen, das zu Fuß angesteuert wurde. Der Schrankenberg und die Ernststraße mutierten so beinahe zur Fußgängerzone.

Im Dampflokwerk wurden die Gäste vom Dampflokverein und von Werks-Mitarbeitern betreut. Nach Angaben des Vereinsvorsitzenden Hans-Peter Witter konnte man gleichzeitig acht Führungen anbieten. Es gab daher gleich mehrere Durchgänge. Bei diesen war für viele so einiges zu entdecken. Die zerlegte 99  7240 der Harzer Schmalspurbahn (HSB) beispielsweise oder die 99 321 der Molli-Bäderbahn. Auf die 98 8921 der Krefelder Hafenbahn fiel so manchem ins Auge. In der Kesselschmiede war der Kessel der 50 3616 des Sächsischen Eisenbahnvereins zu bestaunen, bei dem die Druckprobe ansteht. In der Lokhalle konnte man schon den im Aufbau befindlichen Rahmen der 99 749 aus Zittau entdecken. Neben frisch lackierter Schneeräumtechnik war zudem der Adler zu erahnen – abgedeckt unter einer blickdichten Plane. Nicht nur die jüngsten Besucher bedauerten, dass dieses Symbol deutscher Eisenbahngeschichte nicht in voller Pracht zu bestaunen war ...

Vor, während und nach den Führungen konnten sich die Gäste noch individuell umsehen. Dabei wurden reichlich Fotos geschossen, nicht selten mit bester Ausrüstung. Hunger und Durst leiden musste dabei übrigens niemand – die Mitglieder des Dampflokvereins waren auf den Ansturm vorbereitet und hatten reichliche Meininger Bratwürste auf dem Rost.

Nach Angaben des Veranstalters Nostalgiezugreisen startete der Zug von Lübeck aus bereits um 4 Uhr morgens. Von allen Zustiegsbahnhöfen ging es zunächst mit einer schnellen Elektrolokomotive in zügiger Fahrt bis nach Neudietendorf, am Rande des Thüringer Waldes. Hier sollte ursprünglich auf die beiden Großdampfloks 41 1144 und 52 1360 umgespannt, die E-Lok abgehängt werden. Das scheint so nicht geklappt zu haben, denn in Meiningen war die 35 1097-1 vor den Zug gespannt. Auf Grund hoher Fahrgastnachfrage und der Länge des Zuges war dieser schwer. Daher musste eine zweite Dampflok als Schublok zum Einsatz kommen. Dazu hatte man die 50 3501 des Dampflokwerkes Meiningen nach Neudietendorf geholt. Sie wurde zudem wegen der fehlenden zweiten Dampflok an der Spitze des Zuges auf der Bergfahrt tatkräftig von einer Diesellok unterstützt.

So gelang es dem eindrucksvollen Gespann über die steil ansteigende Strecke durch den Thüringer Wald, vorbei an eisenbahntechnisch so bekannten Orten wie Arnstadt, Gräfenroda, Oberhof, Zella-Mehlis und Suhl bis Meiningen zu gelangen. Die Topographie der Strecke verlangte den beiden Dampfloks alles ab, was akustisch wie optisch für die Beobachter an der Strecke natürlich eine Freude war.

Nach der Besichtigung des Werkes und der Stadt setzte sich der Zug ohne die Meininger Lok-Unterstützung wieder Richtung Norden in Bewegung, wo der gegen 1 Uhr morgens sein Ziel erreicht haben sollte.

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