Corona-Song Mit Musik auf den Ernst der Lage aufmerksam machen

Jessie Morgenroth

Die Sofapiraten melden sich mit einem neuen Song zurück. In dem Lied macht die Band auf die aktuelle Situation Kulturschaffender aufmerksam.

 
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Ilmenau - „Eine Branche voll mit Leidenschaft, doch leider nimmt man ihr die Kraft. Ein Wirtschaftszweig steht vorm Ruin, so viele in die Pleite zieh’n“, singen Manuela Stelzner und Oliver Franke in dem vor einigen Tagen veröffentlichten, neuen Song der Ilmenauer Sofapiraten. Schon der erste Song der Musikgruppe, „Mein Corona“, den sie im Frühling vergangenen Jahres veröffentlichten, beschäftigte sich, ironisch angehaucht, mit der Pandemie.

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Der neue Song klingt hingegen anders. Die Musikgruppe hat sich weibliche Gesangsverstärkung gesucht und der Song ist ernster. In „Ohne uns bleibt’s still“ machen die Sofapiraten – unterlegt mit Schlagerklängen – auf die gravierende Situation von Kulturschaffenden aufmerksam, die durch die Coronapandemie ihrer Arbeit nicht nachgehen können und zum Teil am Existenzabgrund stehen.

Situation verschlechtert

„Mein Corona sollte vergangenen Frühling zeigen, dass die Firma noch existiert und wir nicht aufgeben“, erinnert sich Oliver Franke, der Inhaber der D&M-Serviceagentur ist. Doch die Situation der Kulturschaffenden habe sich im Laufe der Pandemie weiter verschlechtert. Dies wollte man im zweiten Song widerspiegeln, so Franke, der auch auf die Initiative „Alarmstufe rot“ verweist. Dies ist ein Bündnis von Mitgliedern der Veranstaltungswirtschaft, die mit Aktionen – wie Demonstrationen – auf ihre coronabedingt existenzbedrohte Lage hinweisen.

Das Schreiben von „Ohne uns bleibt’s still“ habe länger gedauert als beim ersten Lied, da die Situation der Kulturschaffenden und deren Entwicklung über einen längeren Zeitraum betrachtet wurde. Dass auf „Mein Corona“ noch weitere Songs folgen sollen, sei aber von Anfang an klar gewesen. Eigentlich wird bei den Sofapiraten lieber die lustige Schiene mit Spaßfaktor bedient, doch die Intention des neuen Songs ist ernst. Oliver Franke erklärt, dass die Versprechen der Politiker nicht umgesetzt wurden und die angekündigten November- und Dezemberhilfen entweder verzögert, unvollständig oder gar nicht bei den im Kultursektor Arbeitenden angekommen sei.

Keine Planungssicherheit

Weiterhin habe man keine Planungssicherheit. Auch wenn Kulturschaffende laut Bundesfinanzminister Olaf Scholz Veranstaltungen und Auftritte für die zweite Jahreshälfte planen sollen – und es bei Absagen staatliches Ausfallgeld geben würde – würde sich auf diese Ansage nicht verlassen werden. „Das macht keiner“, so Franke, immerhin seien zum Teil allein die Planungsvorkosten so immens hoch, dass das Risiko einer Absage einfach zu groß ist. Auch könne nicht geplant werden, welche Örtlichkeiten zum Zeitpunkt des Events überhaupt öffnen dürfen und welche Hygieneregeln dann umgesetzt werden müssen. Es gebe viele offene Baustellen.

„Ohne uns bleibt’s still“ wurde in den Ilmenauer Büroräumen der Veranstaltungsagentur sowie in einem kleinen Studio aufgenommen. Das Video zeigt nicht nur die Sänger Manuela Stelzner und Oliver Franke, sondern auch Ausschnitte des Theaters Arnstadt und des Ilmenauer Tanzzentrums „In Takt“. Die Inhaberin des Tanzstudios, Petra Kibbel, sei schon seit Jahren eine Partnerin der Agentur, zusammengearbeitet wird bei Aufführungen wie Tanzbällen. Nun aber hat es sich erst einmal ausgetanzt, denn weder Tanzunterricht noch Auftritte sind gerade erlaubt.

„Keine Coronaleugner“

Ähnlich hart getroffen hat es auch das Theater Arnstadt. Aufführungen mussten abgesagt oder verschoben werden. Und diese beiden Institutionen stünden nur stellvertretend für einen ganzen Berufszweig, der gerade nicht weiß, wie es weitergehen soll. „Das Lied ist den Kulturschaffenden gewidmet“, bekundet Franke. Sein Wunsch ist nun, dass mit dem Werk auf die Kulturschaffenden und ihre Lage aufmerksam gemacht werden kann. „Wir sind keine Coronaleugner oder Coronaverharmloser“, betont er. Allerdings sei momentan einfach keine Sicherheit da.

„Wir werden uns wiedersehen“, heißt es zum Ende des Songs hin. „Wir wollen uns wiedersehen, den Mut und die Leidenschaft behalten“, erklärt der Sänger. Doch die Frage sei, wie viele Kulturschaffende dieses „Wiedersehen“ noch erleben werden. Es gebe gerade kein wirkliches Licht am Horizont und auch die beginnenden Coronaimpfungen würden für keine Planungssicherheit sorgen. Und diese verzwickte Situation halte mittlerweile schon gut ein Jahr an. Franke kennt nach eigenen Aussagen viele Künstler, die auch in größeren, bekannten Formationen und Bands mitwirken. Einige hätten sich mittlerweile einen anderen Job gesucht, die Frage, ob und wann man wieder auf der Bühne stehen kann, ist weiterhin offen.

„Brauchen Hilfspakete“

Die von der Bundesregierung angekündigten Hilfspakete müssten laut Oliver Franke von den Verantwortlichen noch einmal angeschaut werden und dann schnell, effektiv und vor allem auch langfristig bei den Künstlern ankommen. „Auch die Regierung kann nicht wissen, wie lange die Pandemie noch geht, doch wir brauchen Hilfspakete, um über die Runden zu kommen.“ Franke berichtet von Kollegen, die den Betrieb so weit wie möglich heruntergefahren haben, um die Kosten zu senken. Doch auch dann gibt es noch anfallende Rechnungen, die Belastung also bleibe.

Franke selbst erlebt die in dem Song geschilderte Situation am eigenen Leib. Im Sommer vergangenen Jahres konnte er zwar drei Veranstaltungen mit seiner Agentur begleiten – allerdings unter erschwerten Bedingungen. Es sei ein Tropfen auf dem heißen Stein gewesen. Für andere Feiern, die nicht steigen konnten, habe man versucht, eine Lösung für 2021 zu finden. Aber auch hier könne nichts definitiv bestätigt und abgesichert werden. Ein Problem, dass auch andere Veranstalter und Dienstleister betrifft.

Hellauf begeistert

Die Sofapiraten sind eine Musikgruppe, die im ersten Lockdown gegründet wurde – als man viel zu Hause auf dem Sofa gesessen und ein wenig rumgesponnen habe, erinnert sich Franke. Zur Gruppe zählt Nico Kessler – der als „Instrumentalgott“ auch an den Melodien mitwirkt – ebenso wie Luca Kambach, der sich um Kamera und Video kümmert. Oliver Franke ist für Texte, Melodien und Gesang zuständig. Manuela Stelzner ist für diesen Song zu den Sofapiraten hinzugekommen und kümmert sich ebenso um den Gesang und die Gestaltung der Lieder. Stelzner ist eine gute Freundin von Franke, die schon seit vielen Jahren Musik macht. Früher hat sie zum Beispiel bei einer Ilmenauer A-capella-Gruppe mitgesungen, nun tritt sie in anderen Formationen auf. Coronabedingt bleibt die Musik momentan aber auf der Strecke. „Ich habe sie angesprochen, ob sie bei dem Song mitmachen möchte, sie fand die Idee super und war hellauf begeistert“, erklärt Franke, wie die Zusammenarbeit entstanden ist. In Zukunft wollen die Sofapiraten weitere Songs mit Manuela Stelzner produzieren.

Die Reaktionen zu den beiden Singles der Sofapiraten sei überwiegend positiv. Hauptsächlich habe man via sozialer Medien auf sich aufmerksam gemacht, die Mehrheit ließe einen Daumen nach oben da. „Mein Corona“ hat mittlerweile gut 3000 Aufrufe, der Nachfolger mehr als 2000. Die richtige Vermarktung habe erst jetzt begonnen, „Ohne uns bleibt’s still“ kann nun auf mehreren Plattformen heruntergeladen werden.

Weitere Lieder der Sofapiraten sollen zukünftig erscheinen. Darüber hinaus wolle man seinem Beruf weiter nachkommen und versuchen, wieder auf Bühnen oder mit Events präsent zu sein. Um bis dahin durchzuhalten, müssen aber die Hilfspakete kommen, mahnt Oliver Franke.