Corona-Pandemie Laute Rufe nach hartem Lockdown

Mitarbeiter der DB Sicherheit beobachten das Einsteigen in einen Nahverkehrszug auf dem Erfurter Hauptbahnhof. Im ÖPNV besteht Maskenpflicht. Foto: dpa/Martin Schutt

Die Forderungen nach einem harten und raschen Lockdown in Thüringen noch im Advent werden unüberhörbar. Die Corona-Zahlen wachsen schneller als anderswo in Deutschland.

 
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Suhl/Erfurt - Landräte, Experten und nun auch die Gesundheitsministerin: Im Angesicht steil steigender Infektionszahlen und erster Engpässe im Gesundheitswesen fordern immer mehr Thüringer Politiker eine ganz schnelle Verschärfung der Corona-Regeln. Gesundheitsministerin Heike Werner (Linke) sprach am Donnerstag von einer besorgniserregenden Situation. „Der Lockdown-Light hat nicht dazu geführt, dass die Infektionszahlen signifikant sinken.“ Es brauche einen größeren Schritt, um die Infektionswelle zu brechen.

Der Hildburghäuser Landrat Thomas Müller forderte die komplette Schließung von Schulen, Kitas und nicht lebensnotwendigen Geschäften. „Wenn wir noch die Chance haben wollen, Weihnachten in der Familie zu feiern, müssen wir jetzt schnell landesweit schärfere Einschränkungen verordnen“, sagte Müller. Unterdessen kommen erste Rettungsdienste und Kliniken an ihre Kapazitätsgrenzen. Im Altenburger Land und im Kreis Kronach arbeiten Kliniken nur noch im Notbetrieb. Zur steigenden Belastung durch den Transport und die Behandlung von Covid-19-Patienten kommt hinzu, dass immer mehr Beschäftigte in Quarantäne müssen und damit Personal fehlt. „Wir stehen an einer entscheidenden Schwelle der Pandemie. Wenn es uns nicht gelingt, die dynamische Ausbreitung des Coronavirus zu bremsen, entstehen schwere Versorgungslücken im medizinischen und in anderen Bereichen“, sagte Sonnebergs Vizelandrat Jürgen Köpper. In Suhl hat das Gesundheitsamt so viele neue Kontaktverfolgungen und Quarantäne-Fälle, dass die Stadt am Donnerstag keine Zahlen mehr nennen konnte.

Thüringen hat mit einem Wert von 204 nach Sachsen inzwischen die höchste Sieben-Tage-Inzidenz Deutschlands. Die Leiterin des RKI-Lagezentrums, Ute Rexrodt, bezeichnete die Situation in Thüringen ebenso wie in Sachsen als „besonders besorgniserregend“. RKI-Präsident Lothar Wieler nannte es wichtig, Lockerungen über Weihnachten zu verhindern.

„Wir müssen jetzt kurzfristig über den Zeitpunkt und die richtigen Begleitmaßnahmen für einen Lockdown diskutieren“, sagte Werner. Es müssten eine Notbetreuung für Familien und Ausgleichszahlungen für den Einzelhandel geben. Sachsen werden ab Montag Schulen, Kitas und viele Läden schließen; die Landesregierung will zudem Einkaufstourismus nach Thüringen verhindern. Bayern will den Total-Lockdown erst nach Weihnachten. Dies halten viele Experten für zu spät.

Thüringens CDU-Fraktionschef Mario Voigt hatte zuvor für „klar formulierte, härtere Maßnahmen“ vor dem Fest und unmittelbar danach plädiert . Zugleich forderte er ein „Weihnachtsfenster“ für Familien von Heiligabend bis zum 27. Dezember. Die Grüne-Abgeordneten Astrid Rothe-Beinlich und Madeleine Henfling sprachen sich für eine sofortige Verschärfung der Corona-Maßnahmen aus. Alle für den täglichen Bedarf nicht benötigten Geschäfte sollten schließen. Die Suhler SPD-Landtagsabgeordnete Diana Lehmann verlangte ein landesweites Konzept für die Notbetreuung von Kindern. „Unter keinen Umständen darf man diese Aufgabe den kreisfreien Städten und Landkreisen zumuten“, erklärte sie.

Am Donnerstag registrierte das RKI mit 23.679 neuen Fällen und 590 Toten innerhalb von 24 Stunden einen neuen Höchststand in Deutschland. Am Sonntag konferieren die Länderchefs und die Bundeskanzlerin erneut. Dann könnten neue Regeln vereinbart werden. er

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