Chöre teilen den Chef Ein einziger Mann für viele Stimmen

Wolfgang Swietek

Drei Chöre – ein gemeinsamer Chorleiter: Das hat erstaunlich viele Vorteile. Grund genug für ein gemeinsames Konzert. Im Rahmen der „Thüringer Chorschätze“ fand es nun auf der Veste Heldburg (Landkreis Hildburghausen) statt.

 
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Die Zahlen klingen eindrucksvoll: Mehr als 650 Sängerinnen und Sänger aus 30 Chören traten am vergangenen Wochenende im Rahmen der Reihe „Thüringer Chorschätze“ auf. Sie boten bei Konzerten in zehn Thüringer Residenzschlössern einen Einblick in ihren musikalischen Leistungsstand. Meiningen und Schmalkalden, Rudolstadt, Gotha und Greiz waren unter anderem Austragungsorte für die Chöre.

Fünf Chöre waren allein auf die Veste Heldburg gekommen – am Samstag waren dies „Das Chörchen“ aus Meiningen-Dreißigacker, der Sängerkranz Neubrunn und der Gesangverein Liederkranz Erlau, während am Sonntag die Chorgemeinschaft Bahragrund Behrungen und die Gruppe Vocalissimo aus Zella-Mehlis Proben ihres Könnens boten.

Die Veranstaltungen der Reihe „Thüringer Chorschätze“ sind Thüringens Beitrag zum „Jahr der Chöre 2022“ des Deutschen Chorverbandes, gemeinsam veranstaltet mit dem Residenzverbund Schatzkammer Thüringen. „Die Einzigartigkeit der unzähligen Fürstenhöfe von Thüringen passt ideal zur Vielseitigkeit der Chorkultur“, heißt es in dem Konzept des Chorverbandes. Sie knüpfe zudem an die musikalische Tradition der Residenzepochen an, mit einem Repertoire historischer Lieder sowie zeitgemäßen Interpretationen.

Dem versuchten die Chöre aus Meiningen, Neubrunn und Erlau bei einem ersten Konzert auf der Veste Heldburg gerecht zu werden. So unterschiedlich die drei Ensembles sind, eines vereint sie – sie haben mit Adrian Voigt den gleichen Chorleiter. Was offenbar mehrere Vorteile bietet. So können sie gemeinsame Konzerte veranstalten, wenn die Chöre krankheitsbedingt oder während der Urlaubszeit zahlenmäßig so „geschrumpft“ sind, dass sie allein nicht auftrittsfähig sind. Auch kann der gemeinsame Chorleiter das Repertoire der einzelnen Chöre aufeinander abstimmen. Bei gemeinsamen Auftritten ist es dann ohne Probleme möglich, einige Titel gemeinsam zu singen.

Was die drei Chöre bei ihrer „Musikalischen Reise um die Welt“ auf der Veste Heldburg eindrucksvoll praktizierten. Mit „Nants ingonyama bagithi baba“ aus dem fernen Afrika, nach der Musik von Elton John, und dem bekannten „Viva la musica“ starteten sie ihre Reise um die Welt, ehe sie die Zuhörer im Kirchensaal der Veste Heldburg mit „Un poquito cantas“ nach Lateinamerika entführten.

Querbeet durch viele Länder ging die weitere Reise, so mit „Der Hahn von Onkel Giacometo“ nach Italien, dargeboten vom Sängerkranz Neubrunn. Der dann mit dem „Neubrunner Heimatlied“ auch wieder zurück in die Heimat führte. Oder wie es Claudia Voigt in ihrer Moderation betonte: „Wer einmal in der Ferne war, der weiß, was Heimat bedeutet!“

Deshalb versicherten die Sänger, dass ihr Neubrunn ein Ort sei, wo man sich zu Hause fühlen könne. Voller Inbrunst sangen sie deshalb das „Neubrunn, mein Dörflein im Meininger Land“. Dass in ihrem Ort die Musik eine besondere Rolle spielt, mag allein schon dadurch ersichtlich sein, dass sie vor Kurzem das 100-jährige Bestehen ihres Chores feiern konnten. Und dass sie zahlenmäßig inzwischen immer kleiner geworden sind, dürfte nicht nur ein Problem von Neubrunn sein – damit haben fast alle Chöre zu kämpfen. Zudem hat Corona mit seiner langen Pause, in der so gut wie keine Proben mehr stattfinden durften, zu dieser negativen Entwicklung beigetragen. Doch tapfer kämpfen sie weiter, wie sie versicherten.

Mit „Wo Hochwaldtannen mich umrauschen“ meldete sich die kleine Schar der Sängerinnen und Sänger (acht Frauen und drei Männer) aus Erlau zu ihrem ersten Solobeitrag. Im Jahr 1882 war in Erlau ein Männerchor gegründet worden, aus dem später ein Gemischter Chor hervorgegangen war. Eine große Zeit hatte der Chor mit seinen Auftritten bei der Urlauberbetreuung, in letzter Zeit allerdings auch ein Problem, länger ohne Chorleiter zu überleben. Mit „Die Post im Walde“ und dem „Erletalgruß“ meldeten sie sich wieder zurück auf der Bühne.

Eine völlig andere Klangfarbe brachte „Das Chörchen“ aus Meiningen-Dreißigacker ins Programm. Sie bekennen sich bereits mit ihrem Chornamen zu der kleinen Zahl ihrer Mitwirkenden, haben gar nicht vor, ein großer Chor zu sein oder zu werden. Im Jahr 2013 von vier sangesfreudigen Frauen gegründet, sind inzwischen daraus sieben geworden. Unterstützt durch Adrian Voigt, nicht nur als Chorleiter, sondern auch als Sänger. So klein die Zahl der Sängerinnen, so groß ist ihre musikalische Bandbreite. Die von Melodien von Anton Bruckner („Locus iste“) bis Hubert von Goisern („Heast as net“) reicht.

Doch auch im gemeinsamen Gesang ist inzwischen die Handschrift von Adrian Voigt zu erkennen. Eindrucksvoll „Der einfache Frieden“ mit Musik aus der Feder von Klaus Schneider, zu der Gisela Steineckert einst diesen zeitlosen, berührenden Text geschrieben hatte. Dagegen war als Schlusspunkt der „Zottelmarsch“ als ein echter „Durchreißer“ so recht dazu angetan, die Zuhörer in einer fröhlichen Stimmung zu entlassen.

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