Ist das Maß nun voll? Maaßen spaltet die Thüringer CDU

Erik Hande
Ist das Maß voll oder ist Maaßen toll? Die Meinungen von CDU-Landeschef Mario Voigt und Schmalkalden-Meiningens Kreisvorsitzendem Ralf Liebaug über den prominenten Parteifreund sind gegensätzlich. Foto:  

Für den Thüringer CDU-Landeschef ist in Sachen Hans-Georg Maaßen das Maß nun wirklich voll, während die Südthüringer Kreisverbände kaum Anlass zur Aufregung über ihr prominentes Parteimitglied sehen. Nur bei der CDU im Kreis Sonneberg teilt man die bundesweite Empörung über die radikale Systemkritik des Ex-Verfassungsschutzchefs.

 
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Thüringens CDU-Chef Mario Voigt will nach den jüngsten radikalen Provokationen des früheren Bundesverfassungsschutzpräsidenten und Südthüringer Parteimitglieds Hans-Georg Maaßen ein persönliches Gespräch mit ihm führen. „Das Maß ist voll“, sagte Voigt am Mittwoch in der Landespressekonferenz in Erfurt. Mit seinen Äußerungen fische Maaßen im Völkischen, er habe Grenzen überschritten. Das wolle er Maaßen in einem persönlichen Gespräch in den nächsten Tagen darlegen.

Voigt legte sich nicht fest, ob ein Parteiausschlussverfahren angestrengt werden soll. Man wolle sich eng mit der Bundespartei abstimmen und die weiteren parteirechtlichen Schritte klären. Die Thüringer CDU-Spitze hatte Maaßen bereits am Dienstag zum Austritt aufgerufen. Auch prominente Vertreter der Bundes-CDU hatten Maaßen zum Verlassen der Partei aufgefordert oder gar einen Rauswurf verlangt. Der Ex-Verfassungsschützer sagte, er lasse sich nicht einschüchtern. Er glaube, dass die Voraussetzungen für ein Parteiausschlussverfahren nicht gegeben seien.

Auch sein eigener Kreisverband steht hinter ihm und seinen inhaltlichen Aussagen. Man sehe keinen Grund für einen Rauswurf, teilte der Schmalkalden-Meininger CDU-Kreisvorsitzende Ralf Liebaug auf Anfrage mit. Der Kreisvorstand habe die Forderungen von Mitgliedern des CDU-Bundesvorstandes und des Berliner CDU-Spitzenkandidaten Kai Wegner nach einem Parteiausschlussverfahren gegen „unser Mitglied Hans-Georg Maaßen zur Kenntnis genommen“. Nicht Maaßens Äußerungen seien besorgniserregend, sondern vielmehr die von ihm angesprochene Radikalisierung von Teilen der Linken und Grünen sei es. Allerdings sei die Wortwahl Maaßens „kurz vor dem Gedenktag zum Holocaust freilich nicht angemessen“, ergänzte Liebaug. Der Vorstand des CDU-Kreisverbandes Schmalkalden-Meiningen werde in der kommenden Woche zusammenkommen, um die Situation zu beurteilen, kündigte Ralf Liebaug an.

Auch der Vorsitzende des Kreisverbandes Hildburghausen, Christopher Other, nahm Maaßen in Schutz . „Es ist generell schwierig, aufgrund von vielschichtigen Äußerungen, die so oder so interpretiert werden könnten, einen Ausschluss zu forcieren“, sagte Other der „Thüringer Allgemeinen“ (TA). „Ich muss nicht jede Aussage von Hans-Georg Maaßen teilen“, ergänzte er dem Blatt zufolge. Jedoch werde „die Antisemitismus-Keule viel zu schnell und vor allem zu oft geschwungen.“ Dies zerstöre die Debattenkultur.

Anders äußerte sich die die Sonneberger CDU-Kreischefin Beate Meißner. „Ich nehme bei uns im Kreisverband ein differenziertes Meinungsbild wahr“, sagte sie der TA. Die Mehrheit unterstütze aber die Distanzierung durch die CDU-Parteispitzen. Meißners Meinung zu Maaßen ist klar: „Sein Vokabular erinnert inzwischen eher an die Sprache des Dritten Reiches als an das Menschenbild, das von der CDU vertreten wird.“

Maaßen übt seit einigen Wochen immer wieder radikale Kritik an „treibenden Kräften im politischen-medialen Raum“, zu denen er auch die Vertreter der Ampel-Koalition und weite Teile der CDU zählt. Demnach die großzügige Migrationspolitik in Wirklichkeit ein Ausdruck von deren Ziel, die deutsche Bevölkerung durch Zuwanderer zu ersetzen und jegliche Kritik daran zu unterdrücken. Dies nannte Maaßen in Anspielung auf einen in der Holocaust-Forschung gängigen Begriff „eliminatorischen Rassismus gegen Weiße“, was die jüngste Empörungswelle innerhalb der Partei auslöste.

Das 60-jährige CDU-Mitglied hat im Landesverband keinerlei Amt inne. In seinem Schmalkalden-Meininger Kreisverband firmiert Maaßen als „Bürgerbeauftragter“. Nach Angaben eines Sprechers der Landes-CDU in Erfurt wäre im Falle eines Parteiausschlussantrages gegen ihn das Kreisparteigericht in Meiningen zuständig.

Der aus dem Rheinland stammende Maaßen engagiert sich in Südthüringen seit der Bundestagswahl 2021, die er als schon damals parteiintern umstrittener CDU-Direktkandidat im Wahlkreis 196 klar gegen den Suhler Ex-Biathlonstar Frank Ullrich (SPD) verlor. In der Region hat er seit dem Wahlkampf einen Zweitwohnsitz und ist nach eigenen Angaben „alle paar Wochen“ vor Ort.

Am Samstag kandidiert Maaßen als einziger Bewerber zum Bundesvorsitzenden der Werteunion (WU), einem Zusammenschluss von CDU/CSU-Anhängern des rechten Parteiflügels und Befürwortern einer Öffnung zur AfD. Der 60-Jährige sieht in der Kritik an ihm, die er als „Vernichtungskampagne“ bezeichnete, auch einen Versuch der CDU-Spitze, diese Wahl und die Neuaufstellung der Werteunion zu torpedieren. Maaßen hatte seine WU-Mitgliedschaft zeitweilig ruhen lassen, nachdem der (inzwischen aus der CDU ausgeschlossene) damalige Vorsitzende Max Otte bei der Bundespräsidentenwahl die AfD unterstützt hatte. Die WU wird von der CDU/CSU geduldet, ist aber nicht als offizielle Parteigliederung anerkannt.

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