Bundestagswahl Südthüringer CDU zieht Nazi-Vergleich wieder zurück

„Fatale Erinnerungen an DDR und Nazi-Zeit“: CDU-Kreisvorsitzender Ralf Liebaug (links) kritisierte die Gegner Hans-Georg Maaßens (rechts, bei der Kandidatennominierung in Suhl) Foto: /ari

Das Bemühen um einen gemeinsamen rot-rot-grünen Gegenkandidaten zu Hans-Georg Maaßen erinnert die Südthüringer CDU an die Diktatur-Methoden von SED und NSDAP: Dieser gewagte Vergleich sorgte am Freitagmorgen für Aufregung. Zwei Stunden und viele empörte Kommentare später macht die Partei nun einen Rückzieher.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Meiningen/Suhl Die CDU in Südthüringen hat die Überlegungen um einen gemeinsamen rot-rot-grünen Gegenkandidaten zu Hans-Georg Maaßen mit dem Agieren der Machthaber in der DDR und im Nationalsozialismus verglichen, aber diese Gleichsetzung kurze Zeit später wieder zurückgezogen.

 Der von der Politik-Organisation „Campact“  unternommene Versuch ziele auf eine „Neuauflage der Nationalen Front“ ab, hatte es am Freitagmorgen  in einer Erklärung geheißen, die von den Vorsitzenden der CDU-Kreisverbände Hildburghausen, Christopher Other, Schmalkalden-Meiningen, Ralf Liebaug, und Sonneberg, Danny Dobmeier, unterzeichnet war. Die Koalition gegen Maaßen erinnere an die „nationalsozialistische Volksgemeinschaft“. Auch deren  von der NSDAP bezwecktes Ziel sei es gewesen, die politische Einheit herzustellen. „In beiden Diktaturen hieß das automatisch, andere auszugrenzen – mit für sie vielfach gravierenden, wenn nicht sogar tödlichen Folgen“, hieß es in der Erklärung der Politiker.

Die  Gleichsetzung einer möglichen politischen Kooperation mit Diktatur-Methoden  sorgte umgehend für Empörung  in den sozialen Netzwerken. SPD-Chef Georg Maier nannte die Wortwahl der CDU-Vertreter „ungeheuerlich.   Eine solche Verrohung ist der CDU unwürdig.“ Die Grüne-Fraktionschefin  Astrid Rothe-Beinlich  schrieb: „Was ist da kaputt? Geht’s noch?“

Auch Hans-Georg Maaßen meldete sich kritisch zu Wort. „Diktaturvergleiche sind hier nicht hilfreich“, twitterte er zwei Stunden nach Bekanntwerden der Nachricht. Minuten zuvor hatte Schmalkalden-Meiningens CDU-Chef Ralf Liebaug einen Rückzieher gemacht. „Der historische Vergleich ist nach nochmaliger Würdigung mehr als unglücklich von mir gewählt“, sagte er unserer Zeitung. „Eine Relativierung der nationalsozialistischen Diktatur darf nie und zu keinem Zeitpunkt stattfinden“, schob Liebaug dann nach und schrieb auf Twitter: „Zu emotionale Reaktion auf Campact und den Versuch der Einflussnahme“.

Sein Vorsitzendenkollege und Mitunterzeichner Other schloss sich der Einsicht an: „Es war ein Fehler“, sagte er unserer Zeitung.  Wie aus Kreisen der Thüringer CDU verlautete, habe man auch in der Zentrale der Landespartei mehr als verwundert auf die wütende Mitteilung  der Parteifreunde aus dem Süden reagiert.

Die „Nationale Front“ war zu DDR-Zeiten der von der herrschenden SED dominierte Zusammenschluss von Wahlkandidaten aller Parteien und Massenorganisationen. Auch  die CDU war damals  aktiver Teil der „Nationalen Front“.

Der Vorschlag an Linke, Grüne und SPD, sich auf einen chancenreichen Gegenkandidaten zu CDU-Mann Maaßen zu einigen, war  von der politisch links verorteten Organisation „Campact“ ins Spiel gebracht worden.   Der Verein hatte auch eine Meinungsumfrage in Auftrag gegeben. Nach dem von Forsa durchgeführten Stimmungsbarometer kommt  der SPD-Kandidat Frank Ullrich auf eine höhere Zustimmung als Maaßen, insbesondere falls Linke und Grüne auf einen eigenen Bewerber verzichteten..

Die drei  Südthüringer CDU-Politiker hatten in ihrem Papier kritisiert, „Campact“ setze „Grundwerte des fairen demokratischen Wettbewerbs um die beste politische Problemlösung außer Kraft“ und fragten:   „Hat die Kampagne das Ziel, nur noch die eigene Meinung als gesellschaftsfähig gelten zu lassen und so Zug um Zug den Weg zu ebnen zu einer neuen (Meinungs-, Öko-, Digital-) Diktatur?“

Im Bundestagswahlkreis 196 haben alle im Bundestag vertretenen Parteien Direktkandidaten aufgestellt. Das Mandat gewinnt, wer die meisten Erststimmen bekommt, auch wenn dies weniger als die Hälfte der Stimmen sind. Eine Stichwahl unter den beiden Bestplatzierten – wie etwa bei Bürgermeisterwahlen – gibt es nicht. Die Regelung bei der Bundestagswahl kann dazu führen, dass sich die Stimmen eines politischen Lagers so auf dessen viele Kandidaten verteilen, dass ein Bewerber des gegnerischen Lagers gewinnt, obwohl eine Mehrheit gegen ihn votiert hat.

Der CDU-Kreisverband Hildburghausen war erst vor wenigen Wochen mit einer umstrittenen Äußerung aufgefallen, von der man sich distanzierte, nachdem sie öffentlich geworden war. CDU-Kreisgeschäftsführerin  Antje Rottmann hatte einem enttäuschten CDU-Wähler geschrieben, 70 Prozent der Presse folgten „der Linie der Antifa“. Nur so lasse sich erklären, warum die Berichterstattung  über die Kandidatur Maaßens besonders kritisch sei. CDU-Kreischef Other hatte die Äußerungen seiner Geschäftsführerin als  „pauschale und haltlose Anwürfe“ bezeichnet und sich dafür entschuldigt. 

Autor

Bilder