Bundestagswahl Die Dirigenten und Lotsen des Wahlsonntags

Anica Trommer
Wo geht’s lang? Wahlvorsteher Wilfried Ertel weiß genau, wie eine Bundestagswahl abläuft. Seit 1990 engagiert er sich ehrenamtlich. Foto: Michael Bauroth

Sie kontrollieren, erklären und weisen den Weg zu Wahlkabine und Urne: Ohne die ehrenamtlichen Helfer vor Ort ist eine Bundestagswahl nicht zu bewältigen. Einige sind seit Jahrzehnten dabei, andere zum ersten Mal.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Zella-Mehlis - Plötzlich stehen zwei Wähler in einer Kabine. Das Wahlgeheimnis ist in Gefahr. Wilfried Ertel schreitet sofort ein. „Das geht nicht“, sagt der Wahlvorsteher, der am Sonntagvormittag im Kindergarten in der Rodebachstraße Dienst hat. Die ältere Wählerin hat ihre Brille vergessen. Die Namen und Parteien, die auf dem Wahlschein stehen, könne sie so nicht erkennen, sagt sie. Nun soll ihr Mann ihr helfen. Wilfried Ertel bietet seine Brille und Hilfe beim Lesen an. Als Wahlhelfer habe er sich der Neutralität verpflichtet, daher könne er in diesen Fällen schnell eingreifen, erklärt er.

Seit 1990 ist er bei jeder Stimmabgabe, egal on Kommunal-, Landtags- , Bundestags- oder Europawahl, als Helfer dabei. „Das ist mein ehrenamtlicher Beitrag für die Stadt“, sagt er. Als Wahlvorsteher habe er die Aufgabe, für den reibungslosen Ablauf vor Ort zu sorgen.

Langsamer Start

Immer wieder dirigiert der 74-Jährige die Wähler zu einer freien Kabine. So geht es zügig voran, die Schlange der Wartenden ist kurz. „Heut Morgen ging es langsam los. Man merkt, dass viele Briefwahl gemacht haben“, sagt er. Vor Corona sei vormittags deutlich mehr los gewesen. Rund 40 Prozent derjenigen, die sonst ins Kindergarten-Wahllokal gekommen wären, hätten sich in diesem Jahr für die Stimmabgabe per Brief entscheiden, sagt er. Alle anderen treffen am Sonntag auf Wilfried Ertel und sein Team. „Wir sind eingespielt. Viele Beisitzer und Schriftführer sind ebenfalls schon länger dabei“ sagt er. Ab zehn Uhr füllt sich das Wahllokal langsam. Zu diesem Zeitpunkt hat Wilfried Ertel seine Stimme bereits abgegeben.

Was ihn nach all den Jahren immer noch wundere, ist, dass viele Bürger nicht vertraut seien mit dem Ablauf der Stimmabgabe. Immer wieder müssten die Helfer den Vorgang erklären. Auch Wilfried Ertel wird Jahr für Jahr neu eingewiesen in seine Aufgaben. Um bestens vorbereitet zu sein, beschäftige er sich auch selbst noch einmal mit den Unterlagen. Dann wird gewählt.

Am Sonntag hat er Vormittagsschicht. Ab 17 Uhr ist er dann wieder vor Ort und beim Auszählen dabei. Schließlich ist es an ihm, das Wahlergebnis festzustellen.

Etwas Gutes tun

Ehe die Wähler ihre Kreuze setzen können, müssen sie an Clemens Keil vorbei. Der Beisitzer hat sich zum ersten Mal als freiwilliger Helfer gemeldet. „Ich wollte mir das mal anschauen und für die Stadt etwas Gutes tun“, sagt er. Kommunalpolitisch sei er vorgeprägt, sein Vater Thomas Keil war immerhin jahrelang Bürgermeister in Benshausen.

Clemens Keil wirft am Sonntag am Eingang einen Blick auf die Wahlbenachrichtigungen, verteilt Kugelschreiber und führt Strichliste. Am Abend ist er ebenfalls wieder vor Ort. Beim Auszählen wird jede Hilfe gebraucht.

Bilder