Bundestags-Wahl CDU vor Entscheidung: Mit Maaßen ins Superwahljahr?

Von Stefan Hantzschmann und ,

Südthüringens CDU könnte demnächst den früheren Verfassungsschutzpräsidenten Maaßen zu ihrem Bundestagskandidaten machen. Die Spitze des Landesverbandes sieht dies kritisch - zumal der Freistaat noch vor einer anderen Wahl steht.

 
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 Foto: Michael Reichel

Erfurt - Die einen hoffen, mit der Personalie zu punkten, die anderen sehen das nächste Problem auf die CDU im Superwahljahr zukommen: Der frühere Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen könnte in Südthüringen zum Bundestagskandidaten der Union gewählt werden. Delegierte von vier Südthüringer Kreisverbänden entscheiden am Freitag darüber. Das politische Engagement des früheren Inlandsgeheimdienst-Chefs ist auch in den Reihen seiner Partei umstritten. So hält sich die Freude im CDU-Landesverband in Grenzen. Maaßens Chancen auf eine Kandidatur im Wahlkreis 196 gelten indes als sehr gut.

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«Wir hätten gern auf diese Debatten verzichtet», heißt es aus Kreisen der Thüringer CDU. Ihr Vorsitzender Christian Hirte sagte kürzlich der «Zeit»: «Für die CDU schadet das mehr, als es nutzt.» Am
26. September wird in Deutschland ein neuer Bundestag gewählt und in Thüringen ist dann auch eine Neuwahl des Landtages geplant.

Kommt mit dem bundesweit bekannten Maaßen der von einigen Südthüringer Kreisverbänden erhoffte Rückenwind im Wahlkampf oder eher die Brise einer toxischen Debatte über die Grenzen der Thüringer CDU nach rechts und ihr Verhältnis zur AfD? Maaßen selbst versicherte vor kurzem in einem Interview mit dem in Suhl erscheinenden «Freien Wort»: «Es darf keine Zusammenarbeit mit der AfD geben. Ich will antreten, um der AfD Stimmen wegzunehmen.»

Im Januar 2020 hatte Maaßen noch gefordert, die CDU müsse einen eigenen Kandidaten für die Ministerpräsidentenwahl aufstellen - und ihn notfalls auch mit Stimmen der AfD wählen lassen: «Da sollte die CDU Manns oder Frau genug sein, zu sagen: Egal wer diesen Kandidaten wählt, Hauptsache es gibt eine Mehrheit.» Etwa einen Monat später verhalf tatsächlich die AfD mit ihren Stimmen dem FDP-Politiker Thomas Kemmerich kurzzeitig zum Ministerpräsidentenamt - und Thüringen stürzte in eine tiefe Regierungskrise. Auch die CDU stimmte damals für Kemmerich und brach in den Umfragen ein.

Keine andere Partei hat sich in Thüringen seitdem derart grundlegend neu sortiert wie die CDU - mit neuen Vorsitzenden an den Spitzen von Fraktion und Landesverband. Doch die alten Lager gibt es immer noch. Der Südthüringer CDU-Abgeordnete Michael Heym hatte nach der Landtagswahl 2019 noch dafür geworben, auch mit der AfD über Möglichkeiten einer Regierungsbildung ins Gespräch zu kommen. Im Süden, wo Maaßen das Bundestagsmandat holen will, gelten die Christdemokraten als besonders konservativ.

Maaßen, der Mitglied der konservativen Werte-Union ist, hatte bereits im Wahlkampfjahr 2019 in Südthüringen Auftritte. Da war es noch nicht lange her, dass er als Verfassungsschutzpräsident im Jahr 2018 massiv in die Kritik geraten war, weil er bezweifelt hatte, dass es nach der Tötung eines Deutschen in Chemnitz zu «Hetzjagden» auf Ausländer kam. Im November 2018 wurde Maaßen schließlich in den einstweiligen Ruhestand versetzt.

Dass er jetzt als Bundeskandidat für vier Kreisverbände in Südthüringen im Gespräch ist, hat auch mit einem anderen Problem der CDU im Freistaat zu tun: Ihr früherer Bundestagsabgeordneter Mark Hauptmann schied als Kandidat aus und ist inzwischen aus der CDU ausgetreten. Ihm wird vorgeworfen, in umstrittene Geschäfte mit Corona-Schutzmasken verwickelt zu sein. Die Thüringer Generalstaatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts der Bestechlichkeit. Hauptmanns Platz im Wahlkreis 196 wurde damit frei.

Aus Kreisen des CDU-Landesverbandes heißt es, einige der dortigen Christdemokraten hofften wohl, mit Maaßen im Wahlkampf einen unbelasteten Kandidaten präsentieren zu können - und zugleich jemanden, der bundesweit bekannt ist. Das Umfeld sei nicht einfach. Die SPD schickt den Ex-Biathlontrainer und Olympiasieger Frank Ulrich ins Rennen, der anders als der Rheinländer Maaßen aus der Region stammt. Für die Linke will der stellvertretende Chef des DGB-Bezirks Hessen-Thüringen kandidieren.

Mit Schmalkalden-Meiningen und Hildburghausen haben sich die zwei größten der vier beteiligten CDU-Kreisverbände bereits für Maaßen ausgesprochen. «Die Delegierten sind aber frei in ihrer Entscheidung», sagte CDU-Generalsekretär Christian Herrgott. Der Kreisverband Sonneberg wollte sich zuletzt noch nicht festlegen: «Wir gehen offen in diese Abstimmung hinein und überlassen das ganz den Delegierten», sagt der Vorsitzende Danny Dobmeier.

Dass Maaßen überhaupt als Kandidat für den Südthüringer Bundestagswahlkreis vorgeschlagen wurde, geht laut Dobmeier auf ein Treffen von Mitgliedern der Kreisverbände Sonneberg, Hildburghausen und Schmalkalden-Meiningen zurück. «Da hat man so einige Dinge durchgespielt.» Plötzlich habe jemand die Idee präsentiert, Maaßen zu fragen. Dass ihn der eine oder andere in dieser Runde schon von verschiedenen Veranstaltungen aus der Vergangenheit gekannt habe, sei dabei für den Ex-Verfassungsschützer von Vorteil gewesen. Ebenso, dass er polarisiere.

Gleichzeitig bestreitet Dobmeier, dass die CDU gerade in Thüringen mit einer Kandidatur Maaßens vor einer Öffnung zur AfD stehen könnte. Für Maaßen würden die Grundsatzbeschlüsse der Union ebenso gelten wie für jedes andere Parteimitglied. Eine Zusammenarbeit mit der AfD komme daher für niemanden in Frage. Maaßen habe aber aus seiner Sicht in den vergangenen Wochen immer und immer wieder deutlich gemacht, dass er gegen die AfD antrete und nicht mit ihr zusammen. «Wenn mir jemand in die Augen schaut und mir das sagt, dann glaube ich ihm das. Diese Art des Vertrauensvorschusses bekommt von mir jeder», betont Dobmeier.

Neben Maaßen haben noch zwei weitere Bewerber ihre Bereitschaft für eine CDU-Kandidatur im Wahlkreis 196 signalisiert. Einer von ihnen - Hardy Herbert - will sich nicht als Gegen-Maaßen-Personalie verstanden wissen. «Ich bin kein Gegner der Kandidatur von Herrn Maaßen», sagt er. Er wolle vielmehr ein Angebot an die CDU-Delegierten machen, einem regional verankerten Politiker die Chance zu geben, in den Bundestag einzuziehen.