An den 29. Juni 2020 kann sich Gabriele Wölke-Rebhan noch ziemlich genau erinnern. Daran, wie ungerührt die Menschen damals an ihr und den anderen etwa zwanzig Frauen vorbeigegangen waren, als sie im Ega-Park in Erfurt standen – und aus Büchern vorlasen, die die Nationalsozialisten dort vernichten wollten. Genau 87 Jahre zuvor hatten Nationalsozialisten und nationalsozialistisch eingestellte Deutsche nur ein paar Dutzend Meter von der Stelle, an der Wölke-Rebhan an diesem Tag stand, die Bücher von Autoren verbrannt, die dem NS-Regime „undeutsch“ erschienen. Wie an ungefähr 160 Orten überall in Deutschland landeten in der heutigen Thüringer Landeshauptstadt damals Werke unter anderem von Bert Brecht, Erich Kästner oder Erich Maria Remarque im Feuer.