Brooke Shields „Unglaublich, dass ich das alles überlebt habe“

Theresa Schäfer

Brooke Shields posierte als Zehnjährige nackt, spielte als Elfjährige eine Prostituierte und wurde als 20-Jährige sexuell belästigt. In einer Dokumentation arbeitet sie ihre Erfahrung mit Hollywood jetzt auf.

 
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„Pretty Baby“ heißt ein Film aus dem Jahr 1978. Brooke Shields spielt darin eine junge Prostituierte. Die Schauspielerin war elf Jahre alt, als sie dafür vor der Kamera stand. „Pretty Baby“ heißt auch eine Dokumentation, die ab dem 3. April auf dem US-Streamingdienst Hulu zu sehen ist. Darin spricht die 57-Jährige über ihr Leben als Kinderstar – und wie zerstörerisch die Vermarktung als sinnliche Kindfrau im Rückblick war. „Unglaublich, dass ich das alles überlebt habe“, resümiert die Schauspielerin im Trailer, den Hulu bereits veröffentlicht hat.

„Ich habe lange gekämpft, meine eigene Stimme zu finden“, sagt Shields. Jetzt, mit 57, kann sie über die Dinge sprechen, die ihr als Mädchen widerfahren sind. Zum Beispiel darüber, dass sie als junge Princeton-Absolventin von einem mächtigen Mann in Hollywood sexuell belästigt wurde. Zu dieser Zeit habe sie gedacht: „Mir wird keiner glauben“, sagte sie dem US-amerikanischen People-Magazin. „Ich dachte, ich finde nie mehr einen Job.“ Damals sei sie in ihren Zwanzigern gewesen. Es habe Jahre gedauert, den Übergriff zu verarbeiten. „Heute bin ich wütender, als ich damals sein konnte.“

Als Zehnjährige posierte sie für Nacktfotos

„Pretty Baby“ thematisiert auch, wie Brooke Shields schon als Kind in Rollen gesteckt wurde, in denen sie sexy und lasziv sein musste. Als Zehnjährige posierte die Tochter einer Schauspielerin – nackt und geschminkt wie eine Erwachsene – für Fotos. 2009 sollte das Foto in der Tate Modern in London gezeigt werden, doch die Polizei schritt ein und das renommierte Museum entfernte das Bild noch vor der Ausstellungseröffnung. In „Pretty Baby“ des französischen Regisseurs Louis Malle musste sie ihren 15 Jahre älteren Castkollegen Keith Carradine küssen. 1980 kam „Die blaue Lagune“ heraus – mit Shields, damals 15, als erotischem Teenie-Star.

Warum ihre Mutter Teri es für okay hielt, dass ihre Tochter solche Rollen annahm? Brooke Shields ist heute selbst Mutter von zwei Töchtern. In der Dokumentation fragt die 19-jährige Rowan: „Hättest du uns das mit elf machen lassen?“ „Nein“, antwortet ihre Mutter und fällt ein bisschen in sich zusammen.

In der Dokumentation kommt auch ein anderer ehemaliger Kinderstar zu Wort: Drew Barrymore. Die Welt liebte sie als Gertie, die niedliche Freundin von Steven Spielbergs Außerirdischem E.T. – erstmals Kokain schnupfte sie mit zwölf. Barrymore brauchte Jahre, um sich aus dem Strudel aus Drogen und Depressionen zu befreien, in den sie als Jugendliche stürzte. Mit 15 hatte sie so viel erlebt, dass es bereits für eine Autobiografie reichte. Der Titel: „Little Girl Lost“. Sie bewundere ihre Kollegin Shields dafür, „dass sie immer weitergegangen ist“, sagt Barrymore in der Sendung.

„Die Blaue Lagune“, ein schwülstiger Film über zwei Jugendliche, die – gestrandet auf einer einsamen Insel – ihre Sexualität entdecken, brachte ihr den Negativpreis „Goldene Himbeere“ ein. Doch er machte Shields auch zum kulturellen Phänomen. Das erkannte auch die Modemarke Calvin Klein und drehte Werbung mit dem Teenie-Star in Jeans. „Was zwischen mich und meine Calvins kommt? Nichts“, hauchte die 15-Jährige in die Kamera. Die Werbung habe perfekt zum Zeitgeist der frühen 80er gepasst, sagt Shields heute. Den sexuellen Unterton habe sie als 15-Jährige gar nicht verstanden. Der laszive Grundton der Clips verursachte einen Skandal – und machte Calvin-Klein-Jeans damit erst recht zum Objekt der Begierde.

Shields brachte ihren Stalker vor Gericht

Auch als sie älter wurde, betrachteten manche Männer Shields als Freiwild: 30 Jahre lang verfolgte sie ein Stalker – bis sie diesen 2016 erfolgreich vor Gericht brachte. In den 1990er Jahren fand die Schauspielerin kaum mehr Rollen, machte nicht mit ihrer Schauspielerei, sondern als Ehefrau von Andre Agassi von sich reden. Nach der Scheidung von Agassi heiratete Shields den Comedy-Drehbuchautor Chris Henchy, mit dem sie zwei Töchter hat.

Es habe Jahre der Therapie gebraucht, aber heute könne sie über ihre Erfahrung mit sexueller Gewalt sprechen. Dabei wolle sie es aber nicht bewenden lassen, sagte Shields im People-Interview. Nun wolle sie selbst als Aktivistin anderen Frauen helfen, mit ähnlichen Erlebnissen fertig zu werden. „Jeder verarbeitet sein Trauma in seinem Zeitrahmen. Ich möchte Frauen helfen, ihre Wahrheit zu erzählen.“

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