Blick in die Zahlen Die Mär von der hohen Inzidenz durch viele Tests

Diese Tests fließen in die Statistik ein: Marie Gumpert, Laborantin im MVZ Gemeinschaftslabor Suhl, pipettiert Proben zum sogenannten Primer für einen Corona-Test. Im MVZ Gemeinschaftslabor Suhl werden Abstriche auf Infektion mit dem Coronavirus mittels PCR-Test nachgewiesen. Foto: Michael Reichel/Archiv

Kritiker der Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie verweisen immer wieder gerne darauf, dass die Fallzahlen aktuell nur so hoch seien, weil viel mehr getestet werde als in der Vergangenheit. Ein Blick in die Statistik offenbart jedoch, dass das nicht stimmt.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Suhl - Corona-Schnelltests galten in Deutschland lange als untaugliches Werkzeug im Kampf gegen die Corona-Pandemie. Das lag aber vor allem daran, dass in Deutschland noch keine Schnelltests zugelassen waren. Von Selbsttests ganz zu schweigen. Seit einigen Monaten gibt es sie und seitdem kann man den Eindruck bekommen, dass an jeder Ecke getestet wird.

Nun sollen auch Unternehmen dazu verpflichtet werden, ihren Beschäftigten wenigstens einen Schnelltest pro Woche anzubieten. Doch von einer Pflicht, dass die Mitarbeiter diese Tests auch annehmen müssen, steht nichts in der Verordnung. Sehr zum Ärger der IHK Südthüringen und anderer Wirtschaftsverbände. In Schulen und Kitas gibt es teils heftige Debatten zwischen Lehrern, Erziehern, Eltern und der Schulverwaltung, nachdem eine Art Testpflicht dadurch droht, dass Testverweigerer das Schulgelände nicht mehr betreten dürfen.

Es gibt nicht wenige, die behaupten, Deutschland stehe in der dritten Pandemie-Welle so schlecht da, weil so viel getestet werde. Mancher findet gar: zu viel. Ihre Argumentation: Wenn viel getestet wird, werden auch viel mehr Infektionen festgestellt. Was logisch klingt, würde auch zumindest für einen kurzen Moment zutreffen. Weil tatsächlich für einen bestimmten Zeitraum mehr Infizierte aufgespürt werden, die keine Symptome zeigen. Doch das tückische an Covid-19, der Krankheit, die durch das Coronavirus ausgelöst wird, ist, dass auch Menschen ohne Symptome andere Menschen anstecken können.

Die Argumente der Test-Skeptiker lassen sich jedoch auch anders schnell widerlegen. Ein Blick in die Statistik des Robert-Koch-Instituts in Berlin offenbart, dass es keinen Zusammenhang zwischen hohen Infektionszahlen und gestiegenen Testzahlen gibt. Denn seit Wochen, wenn nicht seit Monaten schöpft Deutschland die Testkapazitäten gar nicht aus, die die Labore geschaffen haben. Natürlich wird inzwischen gefühlt an jeder Ecke getestet, doch nicht jeder dieser Tests fließt automatisch in die offizielle Statistik ein. Denn über Schnelltests, egal ob in einem Testzentrum vorgenommen oder am heimischen Küchentisch, wird kein Buch geführt.

Sie werden erst Teil der offiziellen Corona-Statistik, wenn sie ein positives Testergebnis erbringen und die Betroffenen anschließend zur Bestätigung einen PCR-Test machen lassen. Fällt dieser negativ aus, dann erscheint der Getestete als einer mehr der vielen Tausend Menschen in der Datenbank, die täglich ein negatives Testergebnis übermittelt bekommen. Fällt der Test positiv aus, dann wird der Getestete zu einem der Positiv-Fälle, die das RKI täglich vermeldet.

Und deren Zahl steigt seit einigen Wochen. Und das nicht, weil die Zahl der PCR-Tests gestiegen wäre. Diese erreichte ihren Höhepunkt im vergangenen Oktober mit mehr als 1,6 Millionen Tests in einer Woche. Kurz vor Weihnachten – die Menschen wollten den Besuch bei der Familie absichern – erreichte die Zahl der PCR-Tests einen weiteren Höhepunkt. Doch seit Jahresanfang hat sich die Test-Zahl auf einem Niveau von rund 1,2 Millionen pro Woche eingependelt. Was aber steigt, das ist die Positiv-Rate. Also der Anteil der positiven Testergebnisse an der Gesamtzahl der Tests. Diese hatte in der 53. Kalenderwoche des Jahres 2020 mit mehr als 15 Prozent ihren vorläufigen Höhepunkt mit mehr als 15 Prozent. Aktuell steigt diese Rate wieder. Lag sie in der siebten Kalenderwoche auf einem zwischenzeitlichen Tiefstand von rund sechs Prozent, so hat sie mittlerweile wieder die zwölf Prozent durchbrochen. Mediziner deuten das als Indiz dafür, dass das Virus aktuell deutlich verbreiteter ist. Als einen Beweis für die dritte Welle. Zum Vergleich: Im vergangenen Sommer lag die Positiv-Rate bei den PCR-Tests über Wochen hinweg bei unter einem Prozent. Und ein solcher Wert müsse auch wieder das Ziel für Deutschland sein, sagen die, die seit Monaten um das Leben der Patienten mit schwerem Krankheitsverlauf ringen: die Kliniken. Helfen soll die Bundesnotbremse. Ob sie wirkt, wird aber erst in frühestens zwei Wochen sichtbar. Es ist eine weitere Tücke des Virus, dass es eben einige Tage dauert, bis Infizierte Symptome bemerken – wenn sie überhaupt welche entwickeln.

Autor

Bilder