Einzigartig
Um solche Störungen und Umweltbelastungen zu ermitteln und Maßnahmen zur Verbesserung und zum Erhalt der einzigartigen Quellstandorte entwickeln zu können, läuft im Biosphärenreservat Rhön bereits seit 1996 ein länderübergreifendes Projekt zur Kartierung der Quellstandorte. Die Quellen werden vom Landesverband für Höhlen- und Karstforschung Hessen im Auftrag der Biosphärenreservatsverwaltungen untersucht.
Bezüglich der Erfassung gilt die Rhön als eine der führenden Regionen Europas: Bis heute wurden 3841 Quellen erfasst – 2547 in Hessen, 718 in Thüringen und 576 in Bayern. Im Jahr 2021 waren 152 neue Standorte hinzugekommen.
Die Kartierung umfasste im vergangenen Jahr die Gebiete Kammberg und Tannenberg bei Walkes (Thüringen), den Giebelrain bei Dietershausen (Hessen) und Teile des Naturschutzgebiets Schwarze Berge (Bayern). Der Fuldaer Stefan Zaenker und sein Team maßen Temperatur, pHWert und Leitfähigkeit des Wassers und erfassten das Pflanzenvorkommen. Der Fokus aber lag auf der Tierwelt, über die Aussagen zum Zustand des Quellbiotops getroffen werden können.
Arten aus der Eiszeit
Die beiden Eiszeitreliktarten Rhönquellschnecke und Alpenstrudelwurm (Crenobia alpina) konnten in 30 beziehungsweise 31 Quellen festgestellt werden.
„Der Alpenstrudelwurm ist ein Indikator für absolut sauberes Wasser“, erklärt Zaenker. Auffällig war allerdings die Verteilung der beiden besonderen Quellarten: Mit Ausnahme von zwei Funden des Alpenstrudelwurms in Thüringen wurden beide Arten ausschließlich bei den Kartierungen in Bayern entdeckt. „Das unterstreicht die hohe Schutzwürdigkeit des Naturschutzgebiets Schwarze Berge.“ Die Larven der Köcherfliege (Crunoecia irrorata) konnten in 22 der kartierten Quellen nachgewiesen werden.
Die Quellen, die von menschlichen Störungen weitestgehend geschützt sind, wiesen eine gute Qualität auf – das zeigten nicht nur die gemessenen physikalischen Werte, sondern zum Beispiel auch der Nachweis von Krebsarten, die ursprünglich Grundwasser besiedeln. „Viele der Quellen sind allerdings durch landwirtschaftliche Nutzung, durch Fassungen, Drainagen und Müllablagerungen gefährdet“, erklärt der Experte. Das Ziel der drei Biosphärenreservatsverwaltungen ist daher, diese Standorte zu verbessern und als Lebensraum zu erhalten.
Tierische Überraschungen
„Vor allem mit Blick auf weitere Beeinträchtigungen durch die Klimaveränderungen ist es enorm wichtig, die Kartierungsarbeiten auch in Zukunft fortzusetzen“, sagt Stefan Zaenker. Trotz der jahrzehntelangen Arbeit sind etliche Quellstandorte noch nicht erfasst. „Hinsichtlich des Artenspektrums erwarten wir noch einige zoologische Überraschungen.“