Maskottchen für Olympia 1936
"Vater und Sohn" erreicht in den 1930er Jahren eine Popularität, die man sich kaum ausmalen kann. Die Sammelbände erzielen Schätzungen zufolge eine Gesamtauflage von 170.000 Exemplaren. Die Werbebranche macht die zwei Helden schnell zu Testimonials, nicht nur für Konsumprodukte. Sie sind Maskottchen für Olympia in Berlin, für das NS-Winterhilfswerk und die fadenscheinige Reichstagswahl 1936. Piloten der Wehrmacht pinseln das friedfertige Duo sogar auf Kampfflugzeuge.
Waren diese zwei Leserlieblinge im echten Leben Erich Ohser und sein Sohn? Dazu Museologin Kühnel: "In den "Vater und Sohn"-Comicstrips vermischen sich zum Teil autobiografisch angeregte Situationen mit erfundenen. Dabei ist die Figur des Vaters sowohl durch Erich Ohsers eigenen Vater Paul Ohser als auch durch Ohsers eigene Rolle als Vater inspiriert." Ähnlich verhält es sich mit dem Sohn. "In ihm spiegeln sich sowohl Erinnerungen aus der Kindheit des Künstlers als auch Aspekte seines eigenen Sohnes Christian wider." Erich Ohser selbst habe es so gesagt: "Die "Vater und Sohn"-Zeichnungen sind Erinnerungen an meine Kindheit, ausgelöst durch die Freude am eigenen Sohn."
Tod in der Zelle
Abfällige Äußerungen über das NS-Regime werden Ohser schließlich zum entsetzlichen Verhängnis. Ein Hauptmann und dessen Ehefrau denunzieren ihn und einen Schriftsteller-Kollegen. Kühnel: "Daraufhin wurden beide am 28. März 1944 als "Wehrkraftzersetzer" von der Gestapo verhaftet." Die Nazi-Justiz macht dem populärsten Zeichner des Landes mit Bedacht in aller Stille den Prozess. Noch vor dem Urteil nimmt sich Ohser im April 1944 in der Zelle das Leben.
Seine Witwe Marigard Bantzer (1905 - 1999) zog mit ihrem Sohn nach Karlsruhe und baute sich dort eine neue Existenz auf, wie Kühnel erläutert. Ohsers Sohn Christian wanderte in die USA aus. "Heute ruhen sowohl Erich Ohser als auch sein Sohn Christian samt Ehefrau auf dem Plauener Hauptfriedhof." Den Nachlass hatte Christian und seine Frau der Stiftung in Plauen vermacht.
"Vater und Sohn" als Ampelfiguren
Im Straßenbild der sächsischen Kreisstadt erinnern unter anderem auch "Vater und Sohn"-Ampelfiguren an die sympathischen, unsterblichen Comichelden. Weil es kaum Forschungsergebnisse zu ungewöhnlichen Signalfiguren im Verkehr gibt, bekommt die Ampel allerdings immer nur Genehmigungen auf Zeit, zuletzt bis 2027.
Die Chancen für die Zukunft stehen allerdings gut: "Die aktuelle Auswertung des Unfallgeschehens hat ergeben, dass sich keinerlei Unfälle (...) in den letzten beiden Jahren ereignet haben", so die Stadt Plauen kürzlich in einer Mitteilung. Die Welt von "Vater und Sohn" scheint etwas Gutes zu verbreiten.