Bienen-König Liebig Einen Millimeter lang, Schaden enorm

Gerhard Liebig wird in Imkerkreisen gern als Bienen-Gott bezeichnet. Sein Fachwissen, besonders zum Thema 50 Jahre Varroa-Milbe, präsentierte er im Suhler Waldfrieden. Foto: /Karl-Heinz Frank

Wenn in Imkerkreisen vom Bienen-Gott die Rede ist, weiß jeder sofort, wer gemeint ist: Gerhard Liebig. Der Imker, Wissenschaftler und Buchautor kam auf Einladung des Imkervereins Suhl und Umgebung zum Vortrag über das Imkern mit Varroa.

 
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Mit einem wahren Paukenschlag hat der Imkerverein Suhl und Umgebung mehr als 100 Imker, an Imkerei Interessierte und Naturfreunde aus ganz Südthüringen nach Suhl gelotst. Auf dessen Einladung sprach am vergangenen Samstag Gerhard Liebig im Waldfrieden, der nicht umsonst gern auch Bienen-Gott genannt wird. Fast 50 Jahren Imkern mit der Varroa-Milbe widmete er sich thematisch, gab einen Rückblick, ging auf den aktuellen Stand ein, wagte einen Ausblick und stand den Gästen gern Rede und Antwort. Sie verbrachten schließlich weit mehr als die ursprünglich vorgesehenen drei Stunden mit dem bekannten Imker, der als Wissenschaftler in der Sektion Bienenkunde der Uni Hohenheim überhaupt erst zu Bienen gekommen ist. Das macht auf der einen Seite die Bedeutung des Themas und das Interesse allgemein deutlich, aber auch die Tatsache, dass Fachvorträge nicht trocken sein müssen. Denn kaum einen Stichpunkt ließ Gerhard Liebig im Vortrag verstreichen, den er nicht mit eigenen Erfahrungen oder wissenschaftlichen Untersuchungen zu untermauern verstand. Ebenso ging er aber auch auf Thesen ein, die er anhand seiner Erkenntnisse widerlegte.

Seit den 1970er Jahren haben sich auch Imker in Deutschland flächendeckend mit der Varroa-Milbe auseinanderzusetzen, die parasitär auf der Biene lebt, sie schwächt, sich in der verdeckelten Bienenbrut vermehrt und von den Bienenlarven ernährt. Bekannt ist, dass die Drohnenbrut stärker als die Arbeiterinnenbrut befallen wird. Die nur 1,1 Millimeter langen und etwas breiteren Milben verbreiten Viren, die wiederum schädigend wirken. Verständlich das große Interesse von Imkern, sich der Milben zu entledigen, die aus Asien eingeschleppt worden sind. Laut Gerhard Liebig sind sie 1967 mit Bienenvölkern aus Pakistan in den Taunus gelangt und sorgen so nun auch hier für die Varroose. Längst haben sich die Varroa-Milben durch den Transport befallener Bienenvölker über Ländergrenzen hinweg weltweit ausgebreitet. Spielend leicht vermehrt sie sich, denn der Varroa-Befall kann sich während der Brutperiode monatlich verdoppeln, gar verdreifachen.

Während zur Bekämpfung organische Säuren, die Ameisensäure und die Oxalsäure oft Mittel der Wahl sind, die für die Bienen unangenehm, für Milben jedoch tödlich sind – jedoch nie alle erreicht – setzt Gerhard Liebig auf varroaresistente Bienen. „Ich bin auf der Suche nach ihnen. Das gelingt nur, wenn die Bienen nicht behandelt werden“, sagt er. Varroaresistenz liege vor, wenn sich im Bienenvolk kein starker Varroabefall entwickelt. Das wiederum ist nicht mit der Varroatoleranz gleichzusetzen, die dann bestehe, wenn ein Volk trotz Befall nicht an der Varroose erkranke.

Von Toleranzen und Resistenzen

In Neuseeland soll die Milbe bisher noch nicht angekommen sein. Resistenzen sind auf wenigen Inselgruppen bekannt. Das brachte den Imker, Wissenschaftler und Buchautor zum Ansatz, dass Resistenzen nicht im Zusammenhang mit den Bienen, sondern mit den Milben zu sehen sind.

Gerhard Liebig spricht von Wabenreinheit, Befallsgradbestimmung, Gemülldiagnose, Toleranzzucht, Behandlungsmethoden, Beobachtungen, Untersuchungen, Irrwegen, Tests mit zugelassenen Medikamenten, vom Vorteil geteilter Bienenvölker, was er mit 99 Folien und Filmsequenzen beschreibt, bevor er sich auf individuelle Fragen seiner Zuhörer einlässt. Unter ihnen auch Winfried Franzke aus Plaue, der seit 1979 in der Freizeit imkert. Erstmals hat er in Suhl nun Gerhard Liebig hautnah erlebt, der ihn eigentlich schon viele Jahre begleitet. Regelmäßig verfolgt er auf Youtube die Beiträge „Live von Pias Bienenstand“ sowie die von Gerhard Liebig, dessen sympathisch-lustige Art er mag. „Dadurch habe ich sehr viel gelernt“, so der Freizeit-Imker mit derzeit sieben Völkern. Beeindruckend findet er das Leistungsvermögen von Bienen, die für ein Kilogramm Honig eine bis sechs Millionen Blüten anfliegen und bestäuben. „Kein anderes Insekt kann das.“ Mitgenommen hat er aus Suhl viele Informationen. Besonders die, auf die Schadensschwelle zu achten. Sie zeigt an, wann es einzugreifen gilt.

Dass der Suhler Imkerverein mit den Vortragsangeboten richtig liegt, zeigte sowohl der Zuspruch vorab bei Gartenfee Lydia Ehrentraut wie auch der aktuelle. „Über diesen Zulauf sind wir begeistert“, so Vorstandsvorsitzender Andreas Zohles. Pia Aumeier einzuladen, das könnte der nächste Coup des Vereins werden.

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