Betriebsjubiläum Akropolis adieu: Der griechische Deutsche und deutsche Grieche

Rolf Dieter Lorenz
In Eisfeld sesshaft geworden: Gastronom und Stadtratsmitglied Georgios Pontikas in der Küche seines Restaurants „Athen“. Foto: /Bastian Frank

Seit 25 Jahren hat Georgios Pontikas in Eisfeld ein Restaurant. Vor der Wende hatte er bei Verwandten in Coburg gearbeitet. Zum Wehrdienst musste er zurück in die Heimat. Dann ging es erneut nach Coburg, später nach Meeder. Bis er in Eisfeld seine neue Heimat und seine Liebe fand.

 
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Eisfeld - Volles Haus an einem lauen Spätsommerabend in Eisfeld. Fast alle Tische und Stühle im Biergarten des griechischen Restaurants „Athen“ sind besetzt. Es ist der erste Abend, an dem Betreiber und Inhaber Georgios Pontikas sein Restaurant im Eisfelder Schloss wieder geöffnet hat. Gut gebräunt ist er von einem Kurzurlaub bei seinen Verwandten in Griechenland zurückgekehrt. Der Inzidenz-Wert, der die Zahl der Corona-Neuinfektionen der vergangenen sieben Tage, bezogen auf 100.000 Einwohner im Landkreis Hildburghausen anzeigt, war rapide gesunken. Die Gastronomie durfte nicht nur die Außenbereiche, sondern auch die Gasträume unter bestimmten Bedingungen und Hygienekonzepten wieder öffnen.

Georgios Pontikas hätte das schon viel früher tun können. Doch er hat damit keine große Eile gehabt. Der Gastronom, der selbst an Covid-19 erkrankt war, litt noch lange unter Abgeschlagenheit, mangelnder Fitness und geringerer Leistungsfähigkeit. Nach der Genesung hat er die Zeit des Lockdowns genutzt, um seine Küche sowie sein Restaurant zu renovieren, zu modernisieren und das Ambiente noch angenehmer für seine Gäste zu gestalten. So ist im Biergarten auch ein Pavillon, ein Gartenzelt, aufgebaut worden, unter dem die Gäste auch bei Regen draußen sitzen und speisen können. Danach hat er einen Kurzurlaub bei seinen Verwandten in Griechenland angetreten. Nun ist er wieder zurück in Eisfeld und gleich mit dem nächsten Problem konfrontiert. Er muss jetzt wieder selbst ran als Koch in der Küche und auch als Kellner im Service. Während der langen Schließzeit und Kurzarbeit in der Gastronomie haben sich manche seiner Fachkräfte umorientiert und einen anderen Job besorgt. Doch das Arbeiten in der Gastronomie ist Georgios Pontikas seit jungen Jahren gewohnt.

Geboren und aufgewachsen ist er in Gomfi, einem 1100-Einwohner-Dorf in der griechischen Region Thessalien. Der Ort gehört inzwischen zur Gemeinde Pyli und der Stadt Trikala. „Nach der Schulzeit wollte ich etwas von der Welt sehen“, sagt Pontikas heute. Deshalb nutzte er damals im Alter von 18 Jahren die Chance, zu seinem Onkel nach Coburg zu wechseln, auch um in der Gastronomie zu arbeiten und zu lernen. Der Bruder seiner Mutter betrieb dort ein griechisches Restaurant.

Da in Griechenland, so wie auch in Deutschland, die allgemeine Wehr- pflicht galt, musste er für 21 Monate zurück in die Heimat, um den Militärdienst abzuleisten. Gleich danach zog es ihn aber wieder nach Coburg, wo er weiter in der Gastronomie tätig war. 1994 machte sich Georgios Pontikas selbstständig und übernahm ein Restaurant in Meeder, nicht weit von der bayrisch-thüringischen Landesgrenze entfernt.

Zwei Jahre später sei er vom damaligen und inzwischen verstorbenen Hauptamtsleiter der Stadt Eisfeld angesprochen worden, ob er sich vorstellen könne, in der Werrastadt ein zweites Restaurant im ehemaligen Schlosscafé zu eröffnen. „Ich habe mir das damals angeschaut, als es eine Baustelle war und spontan entschieden: das mache ich, wenn man meine Vorstellungen beim Umbau mit berücksichtigt“, sagt Pontikas. Und so ist es dann letztendlich auch gekommen. In Eisfeld habe er eine bessere und entwicklungsfähigere, gastronomische Zukunft gesehen und deshalb auch sein Restaurant in Meeder aufgegeben.

Seitdem ist Eisfeld für Georgios Pontikas zur neuen Heimat geworden. Er ist der einzige Gastronom, der in der Werrastadt ein griechisches Restaurant betreibt. Für die städtischen Räume zahle er zwar nach wie vor Pacht, alles andere wie die Einrichtung gehöre aber ihm. Und der Laden ist gut gelaufen und brummt, mit Ausnahme der seit Frühjahr 2020 Corona-bedingten Schließzeiten.

Georgios Pontikas fühlt sich sehr wohl in Eisfeld. Die Werrastadt ist für ihn zur neuen Heimat geworden. Dazu gehört, dass er in den Stadtrat gewählt wurde, sich dort für die Mehrheitsfraktion der Freien Wähler engagiert. Inzwischen hat er auch eine Lebenspartnerin gefunden, die ihn in seinem Restaurant voll unterstützt. „Ich werde hier meinen Lebensherbst und Lebensabend verbringen“, sagt er. „In Griechenland bin ich der griechische Deutsche und in Deutschland der deutsche Grieche.“ Es hätte ja auch viel schlechter kommen können in meinem Leben.

Für sein 25-jähriges Jubiläum plant Georgios Pontikas posthum im Oktober einen Empfang für Kunden, Freunde und Stammgäste.

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