Bertholdsburgfest Wenn sich das „Volk von Slusia“ vermehrt

Karin Schlütter

Zu Gast bei Gauklern, Spielleuten, Rittern und Markthändlern. Das Mittelalterspektakel in Schloss Bertholdsburg zu Schleusingen zieht am vergangenen Wochenende hunderte Besucher in seinen Bann.

 
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Wenn in Schleusingen Ausnahmezustand herrscht und es rund um das Stadtzentrum kaum einen freien Parkplatz gibt, weil hunderte Besucher nur ein Ziel haben, die Bertholdsburg, dann ist Mittelalterfest. Die Magie dieser Zeit ist auch nach 500 Jahren ungebrochen, wie das Wochenende beweist. Mittlerweile sind viele Besucher bestens ausgerüstet mit entsprechenden Kostümen, ob als Burgfräulein, Ritter, Mönch oder Marketenderin. Wer so gewandet zum Fest erscheint, bekommt Bonus und ist Teil dieses großen Spektakels.

Aber auch alle „zivilen“ Besucher lassen sich einfangen von dieser Atmosphäre, wie Barbara und Karin, zwei Damen aus Suhl, die zwar nur ihre Vornamen preisgeben wollen aber gebannt im Schlosshof den „Rapauken“ zuhören. Zwei Musiker, die mit Harfe, Alphorn, Pauken und Glocken wunderschön spielen. „Ich habe mir das heute schon zum zweiten Mal angehört und mir eine CD gekauft. Ich glaube, ich bin Fan geworden,“ sagt Barbara.

Später wird Spielmann Schabernackrakeel, „das Volk von Slusia“ begrüßen, dass sich an diesem Wochenende auf wundersame Weise vermehrt hat – etwa um die Suhler aus dem „sozial unterentwickelten Hochland“ oder die aus der Rhön. „Wer kennt die Rhön nicht, im Sommer kein Wasser, im Winter kein Licht.“ Ja, so sind sie, die Spielleut‘, immer für ein Späßchen zu haben. Sie verstehen sich drauf, ihr Publikum gar trefflich zu unterhalten. Schließlich gab es im Mittelalter keine Handys.

So auch „Nachtwindheim“, die mit guter Musik und einem gehörigen Portion Schabernack eine Fangemeinde gefunden haben. Der Liebling dieses Festes aber ist zweifellos „Lupus“, ein Wahnsinns-Gaukler, der mit Bällen, Messern, brennenden Fackeln die hohe Kunst des Jonglierens beherrscht und das Publikum fasziniert. Wer bringt es schon fertig mit einem Schwert hochauf auf dem Kopf und brennenden Fackeln zu spielen oder eine Bank auf dem Kinn zu balancieren?

Eigentlich heißt er Michael Wolf und lebt in Gummersbach, erzählt Lupus. „In Schleusingen bin ich zum ersten Mal, es ist eine voll schöne Anlage hier“. Lupus ist 49 und trainiert seit 29 Jahren, wie er sagt. Wird er wiederkommen? „Wenn er da oben es will, komme ich wieder. Ich bin dankbar, dass ich das hier machen darf. Wir Menschen sollten wieder lernen, in Dankbarkeit und Demut zu leben.“ Später am Samstagabend, als er mit seiner Feuershow, begleitet von „Nachtwindheim“, sein immenses Tagesprogramm beendet, verneigt er sich vor dem Publikum. Und das ist dankbar. „Schön, dass es so was gibt“, sagt Evi Kroll beim Nachhausegehen.

Auch die kleinen Ritter und Prinzessinnen sind begeistert. Wie Sebastian (6) und Richard (4), die mit ihrer Oma aus Neubrunn bei Meiningen gekommen sind oder Jan (10) und Sarah (13) aus Hildburghausen. „Schöne Musik, das Essen ist gut und die Leute sind toll angezogen“, strahlt Sarah.

Gerade rufen schon wieder die Ritter der Schwertgruppe „Amiger“ aus Prag zum Gefecht. Das will keiner verpassen. Und zwischendurch versorgen sich die Gäste an Tavernen und Ständen mit Essen und Trinken, Mixturen und vielen Utensilien – vielleicht für das nächste Mittelalterfest?

Viele Zuschauer hat Ute Spieß von der Wildwuchs-Manufaktur. Sie bindet die schönsten Sträuße aus allerlei Blumen und Gräsern, die jetzt kein Wasser mehr brauchen. Währenddessen dreht sich das handgetriebene Riesenrad mit den sechs Gondeln für die kleinen Besucher (bis 50 Kilo), eine der Attraktionen des Festes. Und Marcel-Martin Kuhnt, der schreibkundige Mönch, wird nicht müde, seine historischen Bücher zu präsentieren.

Tom Zierfuß von der Veranstaltungsagentur „Sündenfrei“ freut sich. „Das Burgfest ist gut besucht, und wenn es Sonntag auch noch mal so wird, dann können wir zufrieden sein. Wir haben dieses Fest bewusst für die ganze Familie angelegt. Deshalb ist auch heute 22 Uhr Schluss.“ Im Programm steht zu diesem Zeitpunkt: „Das Volk möge sich trollen“.

Zufrieden ist auch das Team des Naturhistorischen Museums. Denn nicht nur Kaffee und Kuchen des Freundeskreises sind restlos ans Volk gebracht, auch die Führungen zu den sonst verschlossenen Räumlichkeiten wie das Verlies und der Hexenturm sind gut angenommen. Zudem hat das Museum selbst neue Freunde gefunden. „Wir haben gerade die Schneekopfkugel-Ausstellung besucht“, sagt Heidrun Strom, die mit ihrem Mann Ulrich aus Suhl gekommen ist. „Da geh’ ich nochmal hin, um das genauer anzusehen.“ „Wir können froh sein und stolz, dass wir in unserer Region hier solche Schätze haben. Und auch das Fest hier ist super und lebt von vielen Kindern.“

Das zeigt sich auch am Sonntag nochmals bei herrlichstem und angenehmem Sommerwetter ist das „Volk von Slusia“ erneut um hunderte Besucher gewachsen.

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