"Vor allem in diesem Szenario untermalt die Prognose, an welchen Stellschrauben man drehen muss, um die Lebensbedingungen auf der Welt besser zu machen", sagte Catherina Hinz, geschäftsführende Direktorin des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung. Es stelle sozusagen eine Beschleunigung des ersten Szenarios dar. Wann die Weltbevölkerung an ihr Maximum gelange, hänge vor allem davon ab, wie sich die Länder mit besonders hohen Geburtenzahlen entwickeln. Wenn sich die Lebensbedingungen dort verbesserten, schrumpfe die Zunahme.
"Wir wissen, dass eine rasche wirtschaftliche Entwicklung in Ländern mit niedrigem Einkommen enorme Auswirkungen auf die Fruchtbarkeitsziffern hat", sagte Per Espen Stoknes, Leiter des Earth4All-Projekts. "Die Fruchtbarkeitsziffern sinken, wenn Mädchen Zugang zu Bildung erhalten und Frauen wirtschaftlich gestärkt werden und Zugang zu einer besseren Gesundheitsversorgung haben."
Fokus auf die Ernährung in armen Ländern
Neben Bildung und Gesundheit seien auch Fortschritte bei der Ernährung in armen Ländern wichtig, erklärte Hinz, die selbst nicht an der Modellierung beteiligt war. Dass die Welt schon bis 2040 die Trendumkehr schafft, ist ihrer Ansicht nach schwer zu erreichen. "Selbst wenn wir jetzt in die erforderlichen Bereiche investieren, wird es trotzdem noch dauern, bis sich die Fruchtbarkeitsziffern überall auf der Welt ändern."
Zwar wächst die Zahl der Menschen auf unserem Planeten seit einiger Zeit insgesamt immer langsamer, jedoch nicht in allen Regionen. Bis zum Ende des Jahrhunderts werden dem UN-Bericht zufolge etwa dreimal so viele Menschen in Afrika leben wie heute, knapp 4,3 Milliarden - etwa 40 Prozent der Weltbevölkerung. Die größten Treiber sind dabei vor allem zehn Länder, aus denen 2050 mehr als die Hälfte aller neugeborenen Menschen stammen werden, darunter Nigeria, Äthiopien, und Sudan. Immer mehr einkommensstarke Länder werden hingegen - wie heute bereits Japan - in eine negative Bevölkerungsentwicklung rutschen. Für eine Stabilisierung wären Länder wie Deutschland auf Migration angewiesen.
190 Millionen Menschen im Jahr 0
Der moderne Mensch, Homo sapiens, tauchte nach aktuellem Kenntnisstand vor etwa 300.000 Jahren auf. In den vergangenen Jahrtausenden stieg die Zahl der Menschen stetig, abgesehen von Phasen großer Pandemien etwa der Pest. Um das Jahr 0 lebten etwa 190 Millionen Menschen. Mit längerer Lebenserwartung stieg die Kurve ab etwa dem Jahr 1700 steiler an, wohl kurz nach 1800 war die erste Milliarde erreicht. Von einer Weltbevölkerung von 2 Milliarden im Jahr 1928 bis zu den heutigen 8 Milliarden Menschen brauchte es keine 100 Jahre.
Die Initiative Earth4All steht unter Federführung des Club of Rome, der Norwegian Business School und des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK). Ihr Ziel ist, transformative politische und wirtschaftliche Lösungen für das 21. Jahrhundert zu erarbeiten, mit denen eine nachhaltige Entwicklung innerhalb der planetaren Grenzen erreicht werden kann. Die Initiative baut auf dem Bericht "Die Grenzen des Wachstums" auf, der 1972 vom Thinktank Club of Rome in Auftrag gegeben und veröffentlicht wurde.