Berater schlagen Alarm Jeder dritte Pilz war giftig

Die Pilzberater im Thüringer Schiefergebirge schlagen Alarm: Im vergangenen Jahr hat sich die Zahl der Vergiftungsfälle verdoppelt. In einem Fall wurden gleich zwei potenziell tödliche Arten ermittelt: Knollenblätterpilz und Pantherpilz. In unserer Bildergalerie sind sie zu sehen.

 
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Die Pilzsachverständigen (PSV) des Landkreises Saalfeld-Rudolstadt haben Bilanz der Pilzsaison des vergangenen Jahres 2022 gezogen. Die Saison hatte relativ spät Anfang September begonnen und war dann noch durch ein gutes bis sehr gutes Pilzwachstum gekennzeichnet, das sich bis in den November hinein erstreckte, wie das Landratsamt in Saalfeld mitteilt. Insbesondere gab es in den höheren Lagen des Thüringer Schiefergebirges reichlich Speisepilze.

Dennoch war die Gesamtbilanz wegen der rekordverdächtigen Hitze und Trockenheit, die im Frühling und fast im gesamten Sommer jegliches Pilzwachstum verhinderte, eher mager. „Wir können uns wohl kaum an ein Jahr erinnern, in dem es von Anfang Mai bis Ende August überhaupt keine Pilze gab“, betont Bernd Rudolph, Kreisbeauftragter für Pilzaufklärung. 448 Pilzsammler wurden durch die Sachverständigen beraten und dabei 756 Bestimmungen nach Pilzarten durchgeführt. Dabei wurden immerhin 263 giftige und 463 ungenießbare Pilze aussortiert und damit sogar mehr als noch im Jahr zuvor.

Die Pilzberater mussten auch eine deutliche Zunahme von Vergiftungen und Vergiftungsverdachtsfällen feststellen. Im Jahr 2020 hatte es drei und 2021 fünf Fälle gegeben – 2022 waren es elf, also doppelt so viele Fälle. Unter diesen elf Fällen gab es auch sechs schwere Vergiftungen mit acht Betroffenen, glücklicherweise ohne ernste gesundheitliche Folgen durch die Einbeziehung der Pilzsachverständigen.

„Das ist eine erschreckende Bilanz, vor allem auch, weil schwere Vergiftungen darunter waren, sogar ein Fall mit gleich zwei potenziell tödlich giftigen Arten, Knollenblätterpilzen und Pantherpilzen. Dies unterstreicht einmal mehr die Bedeutung der ehrenamtlichen Pilzaufklärungstätigkeit unserer Pilzsachverständigen für den vorbeugenden Gesundheitsschutz der Bevölkerung“, betont Rudolph.

Das betont auch Gabriele Fuhrmann, die seitens des Saalfelder Gesundheitsamtes Ansprechpartner für die ehrenamtlichen Pilzsachverständigen ist: „Das große Engagement, mit dem sich unsere Pilzberater in jedem Jahr ihrem Thema, den Pilzen, widmen, verdient höchste Anerkennung.“

Die enge Kooperation der Pilzberater und des Gesundheitsamtes lobt besonders Landrat Marko Wolfram. „Die Mitglieder der Saalfelder Pilzgruppe sind beim Gesundheitsschutz der Menschen im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt unersetzliche Partner für unser Gesundheitsamt. Sie sind eine Institution für die Pilzsammler im Landkreis und ich danke Ihnen herzlich für ihr stetiges und die mustergültige Arbeit.“

Neben der Beratungstätigkeit ist die wichtigste Aufgabe der Pilzsachverständigen die Aufklärung, die wieder durch zahlreiche Ausstellungen, Pilzwanderungen, Vorträge oder die Zusammenarbeit mit Schulen gewährleistet wurde. Höhepunkte der sieben Pilzausstellungen waren die traditionelle Kreisausstellung im September in Hoheneiche mit 350 Besuchern und 250 vorgestellten Pilzarten und die Ausstellung im August in Zeigerheim, bei der 1000 Besucher gezählt werden konnten. Insgesamt wurden 42 Aktivitäten durchgeführt und damit genauso viele wie im Vorjahr, „eine Zahl, auf die wir stolz sein können“, so Rudolph.

Erfreulich ist aus Sicht der Pilzsachverständigen auch die Resonanz in den Medien, die mit insgesamt 13 Berichten und Rundfunkbeiträgen die Arbeit der Pilzexperten würdigten. Dazu gehören auch die Beiträge von Claudia Hämmerling und Sven Heinz in der Fachzeitschrift „Boletus“, in denen sie ihre speziellen Interessen- und Forschungsgebiete im Reich der Pilze und dadurch auch die mustergültige Pilzaufklärung im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt einem interessierten Fachpublikum vorstellten.

Zwei Pilzsachverständige mussten 2022 leider ihre Beratungstätigkeit aus Krankheits- und Altersgründen beenden, wodurch im laufenden Jahr noch sieben Pilzberater im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt tätig sein werden. Zu ihnen zählt auch weiterhin Sven Heinz aus Lichte, dessen Heimatort inzwischen zum Landkreis Sonneberg gehört. Ein schwerer Verlust war der Tod des Leutenberger Sachverständigen Gerd Lippmann, der am 9. September nach schwerer Krankheit im Alter von 84 Jahren verstorben war. „Mit ihm verlieren wir den erfahrensten Pilzexperten unserer Gruppe, denn er konnte Ende letzten Jahres noch sein 60-jähriges Berater-Jubiläum begehen, bevor er seine Beratungstätigkeit aufgeben musste“, so Bernd Rudolph in seinem Nachruf in den Rudolstädter Heimatheften.

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