Zum Wohlfühlen war das Orgeldinner in der Stadtkirche. Das Ehepaar Conrad hatte es punktgenau vorbereitet. Anja Conrad las Passagen aus verschiedenen Kochbüchern und informierte über Gerichte – manchmal über ganz einfache. Allein das Zuhören machte Freude. Es ging weniger um Lieblingsspeisen – vielmehr über das Winzige, was im Detail verborgen ist. Passend zum November las sie aus dem Wintertagebuch des britischen Journalisten und Kochs, Nigel Slater, dem in den kalten Monaten heiße Getränke sehr am Herzen liegen. Wie wäre es mit einem Obstbrand aus Quitten? Oder darf es doch lieber ein Apricotbrandy sein? Auch ein Likör aus getrockneten Feigen wirkt im Winter wärmend. Während Andreas Conrad danach „Jesu meine Freude“ spielte, wirkten die Worte seiner Frau noch nach und es wurde einem wohlig warm. Das zog sich durch die gesamte musikalische Stunde, die als Benefizkonzert für die Orgel galt und mit dem schönen Wort „Orgeldinner“ überschrieben war. Anja Conrad dachte zudem über Brot, Sauerkraut, das Maß der Speise und der Getränke sowie über eine Metzgerei nach. Die ausgewählten Passagen stammten aus Kochbüchern und anderen Veröffentlichungen. Auch an Vegetarier hatte die Pfarrerin gedacht. Hier stand der Hummus im Zentrum. Wo gibt es den besten? Im Abu Shukri, einem Restaurant in Jerusalem. Die Orgelstücke, die sich an die Lesungen anschlossen, waren zum Teil sehr kurzweilig – natürlich gehörten auch längere Passagen dazu. Schließlich sollte das Instrument so richtig erklingen. Andreas Conrad schaffte das – keine Frage. Aber auf eine Art, die nach mehr verlangte. Seine Frau dürfte die Frage „Was kochen wir heute?“ für die Besucher etwas leichter gestaltet haben. Denn einige Rezepte hatte sie zu einer kleinen Broschüre zum Mitnehmen gestaltet, natürlich mit den entsprechenden Texten. Das Sauerkraut aber muss noch unbedingt erwähnt werden. Schon Sebastian Kneipp lobte es. Auch Wilhelm Busch aß es gern und Heinrich Heine hatte im Wintermärchen geschrieben: „Sei mir gegrüßt mein Sauerkraut, holdselig sind deine Gerüche!“ Das letzte Wort hatte Martin Luther, der in einer seiner Tischreden gesagt hatte: „Ich lobe eine reine, gute, gemeine Hausspeise.“ Damit war auch das Publikum zufrieden. Der Applaus sprach für sich. Das Spendenkörbchen für die geplante Sanierung der Stadtkirchen-Orgel füllte sich am Ausgang.